„Dann gehe ich eventuell nicht zu 100% auf die Tourcard“ – Florian Hempel spricht offen über seine ungewisse Zukunft 2026

PDC
Donnerstag, 04 Dezember 2025 um 12:30
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Florian Hempel steht an einem entscheidenden Punkt seiner Karriere. Nach einem starken Start ins Jahr 2025 verlor der Kölner gegen Jahresende nicht nur seine Tourcard, sondern verpasste auch die Teilnahme an der Weltmeisterschaft. Für den vierfachen WM-Teilnehmer bedeutet diese Zäsur nun vor allem eines: neu sortieren, nachdenken, planen. Im Game On Podcast mit Elmar Paulke sprach Hempel ausführlich über seine Situation und gewährte Einblicke, wie sein Weg 2026 aussehen könnte.
Hempel erklärte zunächst, dass er selbst noch nicht weiß, welchen Kurs er einschlagen wird. Die vergangenen Monate hätten Spuren hinterlassen, die er nun aufarbeiten müsse. „Ja, jetzt wird viel sortiert, ja outgesourct, muss ich ganz ehrlich jetzt sagen. Ich werde jetzt einiges nicht mehr auf meine eigene Schulter legen“, sagte er offen. Gleichzeitig stellte er zwei mögliche Szenarien vor: „Dann gilt es entweder in der Q-School 100% zu geben oder eventuell ist es tatsächlich eine Überlegung, zur Q-School zu fahren – und nicht zu 100% auf die Tourcard zu gehen.“
Damit deutet Hempel an, dass er nicht zwingend den direkten Weg zurück auf die Pro Tour anstrebt. Der Druck der vergangenen Jahre, die ständige Jagd nach Punkten und Ergebnissen, all das hinterließ Spuren. „Ich werde dann mal ein Jahr abseits dieses Drucks der Tourcard spielen“, erklärte er. „Dann werde ich die Host Nation Qualifier für die European Tour spielen. Ich werde dann Next Gen spielen, Super League spielen. Ich werde auch WDF spielen, einfach mal wieder eine Liga weiter unten spielen, weil ich mir da eine Menge Selbstvertrauen anspielen wollen würde.“
Vor allem ein Gedanke treibt ihn um: Zurückfinden zum Spaß am Spiel. „Ich habe da einfach Bock drauf, wieder Spaß am Spiel zu haben und dieses Feuer, diese Flamme, die in mir mal gelodert hat, die aktuell nicht mehr so groß und stark ist, wiederzugewinnen.“ Das wirkt wie ein Hilferuf, aber auch wie ein realistischer Blick auf seine aktuelle sportliche Verfassung. „Das sind aktuell die zwei Optionen, die ich habe, aber ich werde auf jeden Fall nicht aufhören Dart zu spielen. Aber vielleicht ist das ein Weg. Da habe ich bisher aber noch keine Entscheidung getroffen.“

Richtungsweisende Entscheidung

Paulke zeigte Verständnis: „Das ist ja fast schon eine Lebensentscheidung, beziehungsweise eine wichtige Entscheidung im Job.“ Und tatsächlich steckt für Hempel viel dahinter – sportlich wie persönlich.
Der 35-Jährige machte im Gespräch deutlich, dass er eine Tourcard bei gewinn auch ausnutzen würde. „Was ich nicht machen würde, wäre zur Q-School gehen, die Tourcard gewinnen und dann sagen: Ich gehe nur ein halbes Jahr auf die Tour. Also wenn ich eine Tourcard habe, dann bin ich Vollprofi. Dann fahre ich überall hin, spiele alles, weil die Karte habe ich.“ Und er ergänzte klar: „Dann soll bei der Q-School jemand die Tourcard gewinnen, der auch 100% Lust auf das ganze Zeug hat.“
Hempel sprach dabei bewusst von Verantwortung – sowohl gegenüber der Tour als auch gegenüber sich selbst. „Ich sage in meiner eigenen Verantwortung: Wenn ich eine Tourcard habe, dann nutze ich sie 100%, oder zu 95%, so wie ich sie nutzen kann.“
Besonders deutlich wurde Hempel, als er über die vergangenen Jahre sprach. „Ich versuche einfach, das Feuer zurückzugewinnen, wieder Spaß zu haben und mal wieder mit den Jungs Dart zu spielen. Wann war ich das letzte Mal Darts spielen, ohne dass ich sage, ich müsste jetzt überall 105 im Average spielen und jeden vom Board hauen?“ Für ihn sei es inzwischen fast unmöglich geworden, ein Spiel einfach so zu verlieren, ohne dass sich sofort Druck und Selbstzweifel einstellen. „Dieses Gefühl hatte ich seit sechs bis sieben Jahren nicht mehr. Vielleicht muss ich einfach mal wieder richtig Spaß haben am Dart spielen. Das war insbesondere dieses Jahr nicht so.“
Paulke führte dieses Gefühl auf Hempels ungewöhnlichen Karriereweg zurück. „Das ist ja ein ungewöhnlicher Weg. Das ging bei dir ja von 0 auf 180“, ergänzte er – und Hempel stimmte zu. „Also ich kam wirklich aus dem Nichts. Klar war ich ein paar Leuten bekannt, dass ich irgendwie ein bisschen besser Dart spielen kann. Aber während Corona ist ja auch wenig passiert unten im Amateurbereich. Dann kam ich auf die Tour, habe mich für die European Darts Championship qualifiziert und habe dann bei der WM die Nummer 5 der Welt, Dimitri Van den Bergh, geschlagen.“
Mit diesem Erfolg schoss er in kürzester Zeit in die Weltspitze. „Das ging dann wirklich ganz nach oben, auch wenn ich mich dann irgendwo zwischen Platz 50 und 65 eingependelt habe.“ Der Absturz kam nun erstmals in Hempels Karriere vor – und genau diese Erfahrung stellt ihn auf die Probe. „Jetzt ist es das erste Mal, dass es so richtig bergab geht. Tourcard verloren, nicht bei der WM dabei – was eigentlich auch nicht riesig tragisch ist. Aber das ist halt jetzt so. Da geht es dann mal ein bisschen bergab und dann wird es auch mal bisschen steiniger, und dann muss man einen Weg finden, wie man damit umgeht.“
Hempel sieht die Situation dennoch realistisch und optimistisch. Er betont, wie wichtig ihm die Unterstützung seines Umfelds ist. „Ich bin sehr froh, dass die meisten Sponsoren an meiner Seite bleiben, egal für welchen Weg ich mich am Ende entscheide. Das ist auch wichtig für die Marke Florian Hempel. Nur so kann es weiter funktionieren, auch ohne Tourcard nächstes Jahr.“
Und dann sagte er mit einem kleinen Lächeln einen Satz, der hängen bleibt: „Und WDF-Weltmeister Florian Hempel, warum nicht?“
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