Es ist keineswegs übertrieben, vom Ende einer Ära zu sprechen. Über zwölf Jahre hinweg gehörte die Halle 39 im Hildesheimer Gewerbegebiet zum Inventar der PDC
European Tour. Mitte September gab der Verband den Tour-Kalender für das kommende Jahr bekannt – und machte das Aus der
German Darts Championship offiziell. Damit war klar: Das 14. Event der Saison würde das vorerst letzte Kapitel der geschichtsträchtigen Hildesheimer European-Tour-Historie schreiben. Und die German Darts Championship sollte sich mit einem Knall von der großen Bühne verabschieden.
Wenn man nicht weiß, wo man mit den Erzählungen beginnen soll, ist das meist ein gutes Zeichen. Dirk van Duijvenbodes 9-Darter, einer der höchsten Averages der European Tour-Geschichte oder doch die Krönung einer der erfolgreichsten European-Tour-Saisons der PDC-Historie – die Auswahl ist groß. Deshalb werfen wir in diesem Artikel einen Blick zurück auf die schönsten Geschichten des Wochenendes – und nehmen Abschied von einer absoluten Kult-Austragungsstätte.
Perfektion in Halle 39
Zum Abschluss wurde den Hildesheimer Fans noch einmal ein Wochenende voller Weltklasse-Darts geboten. Den Anfang machte bereits am Freitag
Dirk van Duijvenbode. Der Niederländer, der nun auch offiziell von Master of Ceremonies Philip Brzezinski als „Auberginius“ auf die Bühne gerufen wird, hatte in seinem Erstrundenduell mit Karel Sedlacek einen Geniestreich auf Lager: In einer mitreißenden Partie eröffnete van Duijvenbode das vierte Leg mit zwei 180er-Scores. Über Treffer auf der Triple-17, Triple-18 und schließlich Doppel-18 vollendete der 33-Jährige seinen ersten 9-Darter auf einer PDC-Bühne.
Hildesheim erlebt European-Tour-Geschichte: 117.74 Punkte im Average
Doch der „Auberginius“ hatte noch nicht genug: Seinem perfekten Leg von Freitagabend ließ er am Samstagabend eine der besten Leistungen der European-Tour-Historie folgen. Im Duell gegen Chris Dobey spielte der Niederländer einen unfassbaren Average von 117.74 Punkten. Einzig Dave Chisnall (118.66) im Jahr 2018 und Michael van Gerwen (117.94) im Jahr 2015 konnten in der Geschichte der Turnierserie einen höheren Average erzielen – ebenfalls in der Hildesheimer Halle 39.
Emotionen pur: Hildesheim trägt Martin Schindler zum Comeback
Auch aus deutscher Sicht hielt das Wochenende ein Highlight bereit: Als
Martin Schindler am Samstagabend in das Turnier startete, mussten die deutschen Fans zunächst mit einer herben Enttäuschung rechnen. Nach fünf gespielten Legs lag The Wall bereits mit 1:4 in Rückstand. Mit der Hilfe des Publikums kämpfte sich der 29-Jährige jedoch zurück: Mit fünf Leggewinnen in Folge sicherte sich Schindler einen 6:4-Erfolg – und versetze die Hildesheimer Fans in Ekstase. Wir haben die Partie live aus der Halle begleitet und Ihnen im unteren Video die wichtigsten Szenen des emotionalen Comebacks zusammengefasst:
Der Mann des Wochenendes: Nathan Aspinall
Und dennoch geht der Titel des Spielers des Wochenendes – oder besser gesagt der Saison – an „The Asp“
Nathan Aspinall. Mit unglaublicher Konstanz auf Weltklasse-Niveau spielte sich der Engländer in Niedersachsen in die Finalsession. Mit 103.78 Punkten bezwang er in Runde eins den Deutschen Maximilian Czerwinski, ehe er Ross Smith (107.53) und Steve Lennon (110.77) aus dem Weg räumte.
Nach Viertel- und Halbfinal-Siegen über Jermaine Wattimena und Gian van Veen traf Aspinall im Endspiel auf van Duijvenbode – und setzte sich die dritte European-Tour-Krone der Saison auf. Damit tritt „The Asp“ einem elitären Klub bei: Nur Michael van Gerwen, Peter Wright, Luke Humphries und Dave Chisnall haben zuvor drei European-Tour-Events innerhalb einer Saison gewonnen. Zudem sicherte sich Aspinall Rang eins in der European Tour Order of Merit und wird bei der European Championship in Dortmund auf Setzlistenposition eins an den Start gehen.
Hildesheim wird fehlen - das denkt auch Peter Wright
Eines wurde an diesem Wochenende deutlich: Die German Darts Championship wird im kommenden Jahr schmerzlich vermisst werden – nicht nur von den Hildesheimer Fans. Im
Exklusiv-Interview mit Dartsnews.de sprach Peter Wright über den emotionalen Stellenwert, den das Turnier für ihn hat: „Es ist immer etwas Besonderes, hierher zurückzukehren“, sagte der 55-Jährige. „Hildesheim ist ohnehin ein besonderer Ort für mich. Ich habe hier viele Erinnerungen gesammelt – gute Spiele, tolle Fans, großartige Stimmung. Dieses Turnier liegt mir einfach am Herzen.“
„Heute Morgen habe ich auf mein Handy geschaut und eine Erinnerung von Google-Fotos gesehen: ‚Heute vor neun Jahren‘ – und es waren Bilder aus Hildesheim. Da dachte ich nur: Wow, neun Jahre! Wahnsinn, wie lange wir das hier schon machen. Hildesheim ist eine wunderbare Stadt“, ergänzte der zweifache German Darts Champion.
Ein Stimmungsbild, das sich wenig überraschend auch im Gespräch mit den lokalen Fans widerspiegelte. „Ich kann die Entscheidung, die German Darts Championship im Jahr 2026 nicht mehr auszutragen, absolut nicht verstehen. Mann muss nur die Atmosphäre erleben, um zu realisieren, was dieses Event den Menschen hier bedeutet. Das gilt auch für die Spieler: Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie Peter Wright nach seinem Titelgewinn im vergangenen Jahr in Tränen ausgebrochen ist“, zeigte sich Dennis Morczinietz aus Goslar enttäuscht.
Eine Fan-Gruppe aus Salzgitter und Wolfenbüttel zeigte sich unzufrieden ob der Alternativen: „Vielleicht werden wir uns die Gala mal anschauen, aber da fehlt natürlich der Wettkampf. Ansonsten wäre Göttingen die einzige andere Option, das ist aber auch nur mit Hotel-Übernachtung möglich“, meinten Oliver Umbach, Marcel Hauer, Sven Bialetzki und Beule Schwarze. Tim Meith und Louis Trollmann aus Hannover blickten mit einem weinenden Auge auf ihre schönste Hildesheim-Erinnerung zurück: „Das war natürlich Ricardo Pietreczkos Titelgewinn im Jahr 2023. Wir waren in den vergangenen Jahren regelmäßig bei der German Darts Championship in Hildesheim dabei – umso enttäuschender ist es, dass wir im nächsten Jahr nicht wiederkommen können.“
Fazit: Ein gelungener, aber schmerzhafter Abschied
Die German Darts Championship hätte sich keinen schöneren Abschied aus Hildesheim malen können: Sportliche Extraklasse, eine emotionale Atmosphäre und der dritte Streich des besten European-Tour-Spielers der Saison. Und dennoch wurde deutlich: Es war ein Abschied, auf den die meisten hätten verzichten können. Spieler, Fans, Offizielle – alle machten deutlich, wie sehr ihnen das Kult-Event am Herzen liegt. Nun endet dieses äußerst erfolgreiche Kapitel der European-Tour-Geschichte nach zwölf Jahren voller Spektakel, Drama und Party – aber wer weiß: Vielleicht marschiert der bunte European-Tour-Zirkus eines Tages wieder durch die Tore der Hildesheimer Halle 39.