Nur ein einziges Leg trennte Dominik Grüllich bei der Q-School 2024 vom Gewinn einer PDC Tour Card. Doch der 22-Jährige ließ sich davon nicht entmutigen. Grüllich kämpfte sich in beeindruckender Manier zurück, erreichte in den Folgemonaten das PDC Europe Super League-Halbfinale und beendete die Development Tour-Saison in den Top-10 der Order of Merit. Am vergangenen Wochenende machte der Wolnzacher das Q-School-Drama aus dem vergangenen Jahr schließlich vergessen und krönte seine Entwicklung mit dem Gewinn einer Tour Card.
Im Exklusiv-Interview mit Dartsnews.de verriet Grüllich nun, wie er den Pro Tour-Alltag mit seinem Vollzeit-Job als Landschaftsgärtner koordinieren und wie intensiv er seine Tour Card nutzen wird. Außerdem blickte er im Gespräch mit unserer Redaktion auf die entscheidenden Tage in Kalkar zurück und formulierte erste Ziele für die bevorstehende PDC Saison 2025.
Dominik, dein Tour Card-Gewinn liegt mittlerweile schon ein paar Tage zurück. Hast du diesen großartigen Erfolg bereits realisiert?
Dominik Grüllich: Verarbeitet noch nicht ganz, weil ich am Dienstag gleich in die Arbeit musste und es am Montag noch nicht wirklich verdaut habe. Bis jetzt konnte ich es noch nicht so wirklich realisieren, aber das kommt dann bestimmt die Tage.
Wie wirst du den Tour-Alltag und deinen Beruf als Landschaftsgärtner unter einen Hut bekommen? Wie intensiv wirst du die Pro Tour spielen?
Ich werde versuchen, so gut wie alles zu spielen. Wenn ich krank bin, kann ich natürlich nicht antreten. Mit der Arbeit ist alles abgeklärt, mein Arbeitgeber gibt mir da volle Rückendeckung.
Die Q-School 2025 war für dich auch die Rückkehr an den Ort, an dem du im vergangenen Jahr denkbar knapp am Tour Card-Gewinn vorbeigeschrammt bist. Hattest du diese Erinnerungen noch im Kopf?
Ich muss sagen, ich habe eigentlich gar nicht daran gedacht und einfach versucht, mein Spiel zu spielen.
Du bist in diesem Jahr auf der Development Tour den nächsten Schritt gegangen und hast eine starke PDC Europe Super League gespielt. Mit welchem Ziel bist du nach Kalkar gereist?
Das Ziel war ganz klar die Tour Card zu holen. Und wenn es nicht funktioniert hätte, dann hätte ich wieder die Challenge und Development Tour gespielt. Da habe ich mir keinen Druck gemacht.
Nach 0 Punkten an Tag eins hast du an Tag zwei der Final Stage mit deutlichen Ergebnissen und starken Leistungen das Halbfinale erreicht. Wie hast du diesen Turniertag erlebt?
Ich hab mich gut gefühlt und war zum Glück in meinem Fokus. Bis zum Halbfinale lief eigentlich alles fast reibungslos. Ich war nach dem Turniertag sehr zufrieden, weil es natürlich super ist, nach zwei Tagen vier Punkte gesammelt zu haben. Dann dachte ich mir, die zwei Punkte werde ich an den letzten zwei Tagen auch noch zusammenbekommen.
Nach einem weiteren Zweitrunden-Aus an Tag drei ging es für dich am Finaltag erneut um alles. Hast du an diesem Tag viel Druck verspürt? Wie kannst du mit solchen Situationen umgehen?
Unterschiedlich, aber da dachte ich mir, "einfach locker bleiben und spielen". Als ich dann die Auslosung gesehen habe, dachte ich mir "Puh, Cor Dekker... das wird schwierig, aber machbar." Das Spiel ging dann zum Glück auch in meine Richtung.
Du hast dich von dieser Hammer-Auslosung aber nicht einschüchtern lassen, sondern mit 6-3 und 97 Punkten im Average gegen Dekker gewonnen. War das der perfekte Start in einen so wichtigen Turniertag?
Ich denke, ja. So ein Spiel gibt dir auch Sicherheit und man fühlt sich danach wohl, weil man weiß, dass man es schaffen kann.
In deinem entscheidenden Match um die Tour Card lagst du gegen Rusty-Jake Rodriguez mit 0-2 in Rückstand. Kamen dir da Gedanken an das letzte Jahr in den Kopf, oder konntest du deinen Match-Fokus beibehalten?
Ich glaube, ich war im Tunnel und habe einfach versucht, das bestmögliche Ergebnis rauszuholen, weil bei der Q-School wirklich jedes Leg zählt.
Diesen Plan hast du postwendend umgesetzt, fünf Legs in Folge gewonnen und die Partie mit 6-3 für dich entschieden. Beschreibe den Moment für uns, als du die Tour Card sicher hattest.
Das war unbeschreiblich. Ich habe mich erst mal hingesetzt und habe überlegt, wie es jetzt weitergeht... die Gedanken waren überall.
Der Gewinn einer PDC Tour Card war in der Vergangenheit für viele Spieler ein lebensverändernder Moment. Wie sehr wird sich dein Alltag jetzt verändern?
Eigentlich bleibt alles beim Alten. Ich werde weniger arbeiten und mit meinen Stunden runtergehen. Aber an sich gehe ich in die Arbeit, trainiere 2-3 Stunden und so bleibt eigentlich alles gleich.
Du hast in den letzten Monaten sowohl auf der Development Tour, bei der Super League als auch jetzt bei der Q-School mit hohen Averages überzeugt. Befindest du dich aktuell in Top-Form oder siehst du in deinem Spiel noch Luft nach oben?
Ich glaube, ich kann noch besser spielen, aber meine Form ist schon gut. Jetzt lasse ich erst mal die ersten beiden Pro Tour-Turniere auf mich zukommen und gebe mir auch die Zeit, um anzukommen. Dann schaue ich, wie es dort läuft und was in den nächsten Monaten passiert.
Hast du dir schon konkrete Pläne und Ziele für das kommende Jahr auf der Pro Tour geschmiedet?
Für die Tour habe ich mir noch nicht wirklich Ziele gesetzt, aber bei der Development Tour möchte ich ganz klar noch mal die Top-10 erreichen und vielleicht auch Platz eins oder zwei für die WM-Quali belegen.
Denkst du, dass es auf der Development Tour ein entscheidender Vorteil für dich sein kann, gleichzeitig auch auf der Pro Tour gegen die besten Spieler der Welt zu spielen?
Es kann so oder so kommen. Wenn man auf der Pro Tour immer sofort in Runde eins ausscheidet, weiß ich nicht, wie gut man das mental verkraftet - dann könnte es auch nach hinten losgehen. Aber ich denke schon, dass es helfen kann oder helfen wird.
Auf der Pro Tour wirst du auf einige der größten PDC-Stars und -Legenden treffen. Hast du schon daran gedacht, wie es sein wird, mit van Gerwen, Littler oder Humphries am Board zu stehen?
Ich habe im letzten Jahr schon als Nachrücker an Pro Tour-Turnieren teilgenommen und der erste Tag war schon erdrückend. Du siehst sie normalerweise nur im Fernsehen und dann stehen sie auf einmal vor dir und spielen gegen dich. Das war schon beeindruckend. Am dritten Tag durfte ich gleich gegen Michael Smith spielen, das war ein cooles Gefühl. Dieses Gefühl muss man mitnehmen und dann heißt es einfach spielen, spielen, spielen.
Hast du Vorbilder oder Idole auf der Tour?
Ganz klar Michael van Gerwen oder Luke Humphries... und vielleicht jetzt auch Luke Littler. Im Endeffekt ist es einfach cool, gegen alle Profis zu spielen.
Wie sehr hilft es dir, dass du schon mal ein Pro Tour-Turnier miterlebt hast und dich schon vor deinem ersten Tour Card-Jahr darauf einstellen kannst, wie diese Events ablaufen?
Das hilft mir, ja. Ich weiß, wie der Ablauf ist und im Endeffekt ist es nichts anderes als ein Challenge oder Development Tour-Event.
Bist du mit anderen deutschen Tour Card-Holdern in Kontakt, um dir Tipps und Ratschläge abzuholen?
Genau wie Leon (Weber, Anm. d Red.) unterhalte ich mich auch ein bisschen mit Lukas (Wenig, Anm. d. Red.) oder auch Ricardo (Pietreczko, Anm. d. Red.). Nach England reisen werde ich wahrscheinlich oft mit Pero (Ljubic, Anm. d. Red.), der mich schon gefragt hat, und wahrscheinlich auch mit Lukas, weil wir alle nicht weit auseinanderwohnen. Meiner Meinung nach ist es gut, wenn man zusammen reisen kann.
Wie sehen deine nächsten Wochen aus, bevor deine PDC-Saison Ende des Monats mit dem Masters startet? Wirst du noch mal alles am Trainingsboard investieren? Was ist bis dahin noch zu erledigen?
Bis Montag werde ich ein bisschen Pause machen, dann aber noch mal Vollgas im Training geben und alles auf die Masters-Quali setzen. Danach ist noch mal eine Woche Training angesagt und dann geht es auch schon zu den ersten Players Championship-Turnieren.