Martin Schindler hat bei der Darts WM 2026 ein deutliches Zeichen gesetzt. Deutschlands Nummer eins setzte sich in seinem Auftaktmatch souverän mit 3:1 gegen den Engländer Stephen Burton durch und lieferte dabei die beste Leistung seiner WM-Karriere ab. Mit einem Average von 99,14 Punkten bestätigte der Weltranglisten-13. eindrucksvoll seine Favoritenrolle – und schüttelte zugleich die Enttäuschung des vergangenen Jahres ab.
Schindler war mit klaren Vorzeichen in die Partie gestartet. Als haushoher Favorit wusste der gebürtige Strausberger um die Erwartungshaltung, nicht zuletzt vor dem Hintergrund des frühen Aus im Vorjahr. Doch davon ließ er sich am Montagabend im Ally Pally nicht beirren. „Natürlich bin ich erleichtert, dass ich gewonnen habe. Aber im Vorfeld der WM habe ich mir auch gedacht: Schlechter als letztes Jahr kann es nicht laufen“, sagte Schindler nach dem Match gegenüber der Presse (YouTube). Entsprechend entspannt habe er sich auf der Bühne gefühlt – und genau das auch in seinem Spiel widerspiegeln können.
„Der zweite Satz von Burton ist gut – sehr gut“
Der Deutsche begann konzentriert und entschlossen, gewann den ersten Satz mit 3:1 und schien früh die Kontrolle zu übernehmen. Dann jedoch folgte ein kurzer Bruch: Im zweiten Durchgang verlor Schindler seine Scoring-Power, leistete sich ungewöhnlich viele Ausreißer in das Fünfer-Segment und musste den Satz deutlich mit 0:3 abgeben. Für ihn selbst kein Anlass zur Selbstkritik. „Der zweite Satz, den Burton spielt, der ist gut – der ist sehr gut“, stellte Schindler klar. Sein Gegner habe ihn in Situationen gebracht, in denen nur Weltklasse-Legs geholfen hätten: „Er hat mich in die Lage gebracht, dass ich den Satz mit drei 15-Dartern hätte gewinnen können. Dann wäre es aber auch ein 100er-Average gewesen. Also: Das war einfach ein guter Satz von ihm.“
Steht nach der besten WM-Leistung seiner Karriere in Runde zwei: Martin Schindler
Was danach folgte, war die eindrucksvollste Phase der Partie. Schindler drehte spürbar auf, gewann sechs Legs in Serie und dominierte Burton nun in allen Belangen. Legs in 11 und 13 Darts unterstrichen die enorme Scoring-Power, mit der sich der Deutsche die beiden folgenden Sätze jeweils mit 3:0 sicherte. Der Schlusssatz geriet dabei beinahe zur Machtdemonstration – mit einem Average von über 110 Punkten. Für Schindler selbst jedoch kein Grund zur Euphorie. „Das ist eine Zahl wie jede andere. Klar war das ein sehr guter Satz, das weiß ich auch. Aber das bringt mir nichts, wenn ich jetzt 110 spiele und dann gegen Keane Barry oder Tim Pusey nichts auf die Kette bringe.“
Auffällig war vor allem Schindlers mentale Stabilität – ein Punkt, an dem er nach eigenen Aussagen gearbeitet hat. Schon vor der WM hatte er angekündigt, bewusst nicht zu weit vorauszuschauen. Wie konsequent er das umsetzt, zeigte sich auch organisatorisch. „Wir haben weder Hotel noch Rückflug weiter gebucht“, erklärte er. Mental sei es für ihn entscheidend, sich nicht in Szenarien zu verlieren: „Dieses ganze ‚Was wäre wenn‘ kostet unglaublich viel Energie. Man interpretiert schon hinein, wo man hinkommen könnte – und verliert den Fokus auf das, worauf es wirklich ankommt. Genau das wollte ich vermeiden, weil mir das letztes Jahr passiert ist.“
„Das ist Käse“
Dass der Satzmodus ein reines Momentum-Format ist, weiß Schindler aus Erfahrung. Umso wichtiger sei es, Rückschläge einzuordnen. „Ich nehme viel Positives mit, aber ich will auch nicht zu viel hineininterpretieren. Zu sagen: Ich hatte jetzt den dritthöchsten Average, also stehe ich schon sicher im Halbfinale – das ist auch Käse.“
Trotz seines starken Auftritts sieht der 29-Jährige noch Luft nach oben. „Ich finde persönlich, da würde schon noch mehr gehen. Ich hatte immer noch viele Fehler – ob Single- oder Triple-Fünfer oder Fehler auf die Doppel.“ Entscheidend sei für ihn vor allem gewesen, gut mit dem Satzverlust umzugehen. „Das ist das, was zählt.“
Gefragt nach seiner Motivation für einen möglichen tiefen Turnierlauf blieb sich Schindler treu. „Martin Schindler ist hungrig darauf, Spiele zu gewinnen. Aber Martin Schindler ist erstmal hungrig darauf, sein nächstes Spiel zu gewinnen.“ In den kommenden Tagen will er bewusst abschalten: „Ich werde mit meiner Frau durch London dackeln und mir die Sehenswürdigkeiten anschauen – so wie letztes Jahr.“
Auch über den Tellerrand hinaus fand Schindler klare Worte. Die starke deutsche Präsenz in Runde zwei – fünf Deutsche haben den Sprung bereits geschafft – wertet er als Beleg für eine nachhaltige Entwicklung. „Wenn man zehn Jahre zurückschaut, waren wir froh, wenn wir einen deutschen Tour-Card-Holder hatten. Jetzt haben wir viele – und mehrere, die sogar in Finals einziehen. Das ist einfach klasse.“
Selbst zur Zukunft des WM-Austragungsorts äußerte sich Schindler offen. Dass das Turnier mindestens bis 2031 im Ally Pally bleibt, sieht er nicht als unumstößlich. „Ich bin offen für alles. Wenn wir in Berlin oder Frankfurt spielen würden, hätte ich damit auch kein Problem. Ich muss mich danach richten, was mir aufgetragen wird, und mein Spiel spielen. So schön der Austragungsort ist: Für mich hat der Ally Pally nicht diesen Traditionsfaktor wie für andere.“