„Unser großer Freund Niko Springer – unglaublich, ich habe meine Fantasy-App gleich gelöscht“ – Van der Voort fassungslos nach deutschem WM-Aus

PDC
durch Nic Gayer
Mittwoch, 17 Dezember 2025 um 16:00
Van der Voort_Springer
Die Darts WM 2026 hat kaum begonnen, da liefert der sechste Spieltag bereits den Beweis, warum dieses Turnier jedes Jahr für Drama, Hoffnung, Enttäuschung und unerwartete Geschichten steht. In der neuesten Folge des Darts Draait Door-Podcasts nehmen sich Damian Vlottes und Vincent van der Voort ausführlich Zeit, um die Nachmittags- und Abendsession vom vergangenen Dienstag detailliert zu analysieren.
Gleich zu Beginn der Folge geht es um eine der bislang größten Überraschungen des Turniers: Niko Springer ist raus. Im Vorfeld galt der Deutsche als Spieler mit Potenzial für eine lange WM-Reise, doch diese Hoffnung erfüllte sich nicht. Van der Voort machte aus seiner Enttäuschung keinen Hehl. „Unser großer Freund Niko Springer. Unglaublich. Ja, ich bin völlig bedient. Den hatte ich als Captain in meinem Scorito-Team. Sehr schön ist das. Ich habe mein Scorito gleich gelöscht. Ab damit in den Papierkorb“, sagte er lachend.

Springer nervös, gehetzt – und im falschen Moment unpräzise

Nach dem ersten Scherz folgte eine nüchterne Analyse. Springer wirkte nervös, gehetzt und fand nie richtig Ruhe in seinem Spiel. „Er schien sehr nervös. Sehr gehetzt. Aber ja, das kann natürlich passieren. Es ist seine erste Teilnahme. Großes Talent, das hat er dieses Jahr gezeigt. Aber bei so einer WM siehst du dann, dass er noch nicht so weit war.“
Musste sich überraschend zum WM-Auftakt geschlagen geben: Niko Springer
Musste sich überraschend zum WM-Auftakt geschlagen geben: Niko Springer
Auch das Niveau der Partie half Springer nicht. Beide Spieler bewegten sich bei einem Average von rund 83 Punkten. Vor allem in den entscheidenden Phasen häuften sich auf beiden Seiten die Fehler: falsche Entscheidungen, verpasste Doppel und ein bitteres Ende. In einem Schlüsselmoment gegen Ende der Partie hätte Springer „einfach eine große Sechs werfen müssen“, wie sich van der Voort erinnert. „Das war eigentlich der Höhepunkt. Im allerwichtigsten Moment des Spiels knallst du ihn genau da rein.“

Ein harter Nachmittag: von Soutar bis Hood

Der Nachmittag begann mit einem Match, das mehrfach zu kippen drohte. Alan Soutar schien gegen Teemu Harju zunächst auf einen lockeren Sieg zuzusteuern. „Die ersten zwei Sätze spielte er richtig gut. Da denkst du: so, der setzt hier mal eben den besten Turnieraverage auf die Tafel.“ Doch dann verlor Soutar den Faden. Zahlreiche Matchdarts blieben ungenutzt, die Spannung kehrte zurück. „Wenn du 15, 16 Matchdarts vergibst … ja, dann wird’s heikel.“
Chris Dobey gewann zwar solide, hinterließ aber keinen bleibenden Eindruck. „Bei Dobey ist es oft nur dann unterhaltsam, wenn er gegen einen richtig starken Gegner spielt. Dann kann er ihm wehtun. Aber wenn er so ein Spiel bestreiten muss … das wirkt oft ein bisschen uninteressiert und langweilig.“
Ganz anders präsentierte sich Justin Hood. Der Debütant überzeugte gegen Nick Kenny mit einem Average um die 100 Punkte. „Ein feiner Kerl. Wirklich ein netter Junge. Komplett verliebt in den Dartsport. Der findet alles toll, was da passiert.“

Scott Williams polarisiert – und liefert Unterhaltung

Ein Name sorgt weiter für Diskussionen: Scott Williams. Die Meinungen über ihn gehen auseinander, doch van der Voort hatte sichtbar Freude an seinem Auftritt. „Das sind Spieler, die kannst du immer in eine Session packen. Da passiert einfach immer was.“
Sein theatralisches Auftreten ist nicht jedermanns Sache, gehört für van der Voort aber dazu. „Ich mag Spieler, die ein bisschen anders sind. Das hat was.“ Gleichzeitig bleibt er realistisch. „Wenn du siehst, wie er auf die Bühne läuft … dann denkst du: Das ist ein Weltklassemann. Ist er nicht. Noch nicht.“

Abendsession: Zweifel bei De Sousa, Zuversicht bei Price

In der Abendsession verlor Jose de Sousa mit 1:3 gegen Ricardo Pietreczko. Ist das der Anfang vom Ende für den Portugiesen? Van der Voort zweifelt daran. „Es ist nicht so, dass er richtig schlecht spielt. Nur hat er es ein bisschen verloren.“ De Sousa suche verzweifelt nach seinem alten Gefühl, mache seinen Wurf dabei aber eher komplizierter. „Dieses Gefühl wird nie mehr kommen. Also musst du es jetzt auf eine etwas andere Art angehen.“
Gerwyn Price hingegen hinterließ gegen Adam Gawlas einen soliden Eindruck. Der Tscheche enttäuschte deutlich. „79 im Schnitt. Damit kannst du Price wirklich nie in Bedrängnis bringen.“ Trotz zahlreicher verpasster Doppel im zweiten Satz sah van der Voort vor allem Positives beim Waliser. „Wenn du das schon in der ersten Runde machst gegen jemanden, der nicht liefert, dann denke ich, dass wir noch sehr viel Schönes von Gerwyn Price sehen können.“

Friesisches Duell: Emotionen, Tränen und Nopperts Klasse

Der emotionale Höhepunkt des Abends folgte im friesischen Duell zwischen Danny Noppert und Jurjen van der Velde. Schon beim Walk-on wurde es van der Velde zu viel. „Er wird von dem Moment überwältigt. Später sagte er, dass er schon als Kind unbedingt dort stehen wollte. Da wurde ihm klar, dass er es geschafft hatte.“
Ein emotionales Debüt: Jurjen van der Velde kämpfte bei seinem ersten WM-Auftritt mit den Tränen
Ein emotionales Debüt: Jurjen van der Velde kämpfte bei seinem ersten WM-Auftritt mit den Tränen
Van der Voort befürchtete zunächst einen schnellen Abgang, doch van der Velde überraschte. „Ich dachte erst, das wird nichts, aber als er anfing, dachte ich: so! Er hat sich teuer verkauft und Noppert Probleme bereitet.“
Zwischenzeitlich scherzte van der Voort sogar über einen möglichen neuen Spitznamen. „Vielleicht können wir ihm einen neuen Spitznamen geben: The Tissue“, lachte er, wurde dann aber schnell ernst. „Nein, wir können darüber witzeln, aber es bedeutet ihm wirklich viel.“
Noppert tat sich phasenweise schwer, machte es sich selbst kompliziert, zeigte am Ende jedoch seine Klasse. „Du siehst schon, dass er zur Weltspitze gehört. Er macht einfach weiter.“

Der Blick nach vorn: Van Barneveld unter Beobachtung

Zum Abschluss richtet sich der Fokus auf den Mittwochabend und insbesondere auf Raymond van Barneveld, der zum WM-Auftakt auf den Schweizer Stefan Bellmont trifft. Die Erwartungen sind klar formuliert. „Ich hoffe nicht, dass er nach zwei Aufnahmen wieder Bambi ist.“
Van der Voort will einen scharfen, angriffslustigen und konzentrierten Barney sehen. „Diese Augenbrauen auf Gewitter und diese Schärfe. Dass er zeigt, dass es nichts zu holen gibt.“ Die erste Runde sieht er als klaren Gradmesser. „Da kannst du sehen, in welcher Form er ist. Ich glaube nicht, dass er sich in ein paar Tagen plötzlich grundlegend verändert.“
Trotz aller Fragezeichen bleibt der Glaube an die Klasse des fünffachen Weltmeisters bestehen. „Das Talent ist noch da. Dafür ist er eigentlich immer noch gut genug.“
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