Luke Humphries hat beim
Grand Slam of Darts gleich im ersten Match ein deutliches Statement gesetzt. In einer hammerharten Gruppe, in der jedes gewonnen Leg zählt, fegte der Engländer den amerikanischen Außenseiter
Alex Spellman mit 5:0 vom Board und legte damit den Grundstein für einen starken Turnierstart. Humphries’ Körpersprache, der klare Fokus und sein druckvolles Scoring machten früh deutlich, dass er seine Lehren aus dem vergangenen Jahr gezogen hat.
„Das erste Spiel zu gewinnen ist unglaublich wichtig“,
sagte der 29-Jährige nach dem Auftakterfolg. „Wenn man das nicht schafft, wie mir im letzten Jahr, steht man sofort mit dem Rücken zur Wand. Das zweite Match wird dann doppelt so hart.“ Diesmal aber lief alles nach Plan – Humphries hatte das Geschehen von Beginn an unter Kontrolle und blieb auch mental stabil, als Spellman kein Mittel fand, das Match zu kippen.
Rückblick mit ehrlichem Blick
Der Weltranglistendritte weiß, wie sich Rückschläge anfühlen. „Letztes Jahr habe ich mich zu sehr unter Druck gesetzt und gleich das erste Spiel verloren“, erinnerte er sich. „Aber ich wusste, dass ich zwei Chancen habe. Wenn ich gegen
Michael Smith verlieren sollte, bekomme ich noch eine gegen Nathan – entscheidend ist einfach, dass man den Auftakt gewinnt und die Gruppe aus eigener Kraft kontrollieren kann.“
Luke Humphries hatte in seiner ersten Runde gegen Alex Spellman keine Probleme.
Dass Selbstreflexion und mentale Stärke Teil seines Erfolgs geworden sind, zeigt seine jüngste Entwicklung. „Man kann nicht jedes Turnier perfekt spielen. Letztes Jahr war eines dieser Wochenenden, an denen einfach nicht alles passte. Trotzdem war ich stolz darauf, dass ich im dritten Spiel zurückgekommen bin, anstatt einfach aufzugeben. Danach habe ich ein großes Turnier gewonnen – das zeigt mir, dass ich immer wieder aufstehen kann.“
Gegen Spellman wusste Humphries, dass es keine Routinepartie werden würde. „Gegen Spieler, die nicht Vollzeit auf der Tour aktiv sind, ist es schwer, sich vorzubereiten. Du weißt nie genau, welche Version du bekommst – seine beste oder eine nervöse. In den ersten drei Legs lief alles für mich, aber das bedeutet nicht, dass man jemanden unterschätzen darf. Alex ist talentiert und wird sicher stärker zurückkommen.“
Der Engländer betonte, wie wichtig es für ihn war, bei sich zu bleiben. „Ich bin gut gestartet, vielleicht habe ich mich danach etwas zu sehr entspannt. Aber das war okay – ich hatte genug Vorsprung, um das Match sauber zu Ende zu bringen.“
Frische Energie dank Familienzeit
Nach einem intensiven Herbst nahm sich Humphries vor dem Grand Slam bewusst eine kurze Pause. Statt Ranglistenpunkte zu jagen, standen Exhibition Matches mit
Luke Littler und Ricky Evans sowie fünf ruhige Tage mit seiner Familie im Vordergrund. „Es war großartig, den Sport einfach mal wieder zum Spaß zu genießen“, erzählte er. „Und die Zeit zu Hause hat mir richtig gutgetan. Ich fühle mich frisch, klar im Kopf und energiegeladen.“
Er weiß, wie wichtig solche Auszeiten sind. „Es geht nicht immer nur um das nächste Turnier. Zeit mit der Familie erdet dich. Mein Sohn liebt Darts – er hat inzwischen sein eigenes Soft-Tip-Board und will natürlich, dass ich mit ihm spiele. Aber selbst normale Dinge wie Einkaufen oder Kochen geben mir Ausgleich. Diese einfachen Momente machen das Leben besonders.“
Das Thema Familie zieht sich wie ein roter Faden durch das Gespräch. „Mein Sohn ist mittlerweile mein kleiner Trainingspartner. Natürlich hoffe ich, dass er eines Tages besser wird als ich“, sagt Humphries mit einem Lachen. „Aber am schönsten ist, dass wir das gemeinsam erleben dürfen. Genau das motiviert mich.“
Der Blick auf Michael Smith
Schon am zweiten Gruppenspieltag wartet mit Michael Smith ein harter Brocken. Humphries weiß, dass ihn erneut ein Duell auf höchstem Niveau erwartet. „Der Pool ist brutal. Michael und Nathan sind in Topform, Alex hat nichts zu verlieren – das macht ihn gefährlich. Es ist entscheidend, dass man sich sofort durchsetzt. Man weiß nie, welche Version von Michael Smith man bekommt, daher bereite ich mich auf sein bestes Spiel vor.“
Humphries wirkt dabei gefasst, fast stoisch. „Ich will unter die letzten 16, das ist mein klares Ziel. Ich bin noch nicht bei meinem absoluten Maximum, aber ich fühle mich stark und mental gefestigt. Ich habe bewiesen, dass ich in großen Momenten liefern kann. Und genau das brauche ich jetzt.“
„Nicht auf Zahlen schauen – nur aufs Ergebnis“
Humphries’ Ansatz bleibt pragmatisch: „Zwei Punkte sind das, was zählt. Natürlich ist ein 5:0 schön, aber am Ende zählt nur der Sieg. Diese Punkte geben Vertrauen für das nächste Match.“ Dabei ist ihm bewusst, dass Details oft den Unterschied machen. „Eine gute Legdifferenz kann am Ende entscheidend sein, aber man darf sich darauf nicht verlassen.“
Gerade seine Erfahrung aus hunderten Bühnenmatches hilft ihm, die richtige Balance zu finden. „Auf der Bühne zu stehen, vor 700 bis 1.000 Fans, mit Druck und Lampenfieber – das formt dich. Selbst Showspiele, wie die Exhibitions zuletzt, sind wertvoll. Da spielt man frei, aber spürt trotzdem die Atmosphäre. Das stärkt das Selbstvertrauen enorm.“
Wer Humphries erlebt, merkt sofort, wie sehr ihn seine Familie trägt. „Mein Sohn versteht jetzt, was ich mache. Wenn er den Fernseher anmacht und sagt: ‘Papa, du bist im Fernsehen!’, ist das unbezahlbar.“
Die Kehrseite kennt er ebenfalls: „Es ist hart, ihn zurückzulassen. Er will, dass ich zu Hause bleibe. Aber wenn ich schon reise, will ich, dass es sich lohnt – mit dem Gefühl, alles gegeben zu haben.“
Humphries spricht offen über den Spagat zwischen Profi und Vatersein: „Manchmal fällt das Loslassen schwer. Aber es motiviert mich, das Beste aus jeder Woche herauszuholen. Wenn ich gewinne, gewinne ich auch für ihn.“
Der Weg zum großen Ziel
Humphries wirkt geerdet, aber entschlossen. „Ich bin noch nicht an meinem absoluten Zenit. Die letzten beiden Majors habe ich im Finale gespielt – ich bin also nah dran. Aber ich weiß, da geht noch mehr.“
Sein Blick richtet sich längst auf das Highlight der Saison – die World Darts Championship. „Mein Ziel ist klar: Weltmeister werden. Alles dazwischen ist Bonus. Jetzt ist der Moment, zu zeigen, wozu ich fähig bin.“
Diese Mischung aus Fokus, Familiennähe und sportlicher Reife macht Luke Humphries derzeit zu einem der eindrucksvollsten Athleten im Darts. Er lebt die Balance zwischen Mensch und Champion – ruhig, ehrlich, fokussiert. Und wenn er sagt, „Man weiß nie, welche Version von Michael Smith man bekommt“, klingt das nicht nach Unsicherheit, sondern nach Entschlossenheit. Denn Humphries selbst weiß längst: Seine eigene beste Version steht bereit.