Ricardo Pietreczko im WM-Interview: „Ich will jeden Gegner aus dem Weg räumen“ – für „Pikachu“ zählt im Ally Pally nur der Titel

PDC
durch Nic Gayer
Freitag, 28 November 2025 um 12:30
Ricardo Pietreczko (1)
Ricardo Pietreczko wird von Fans und Experten nicht selten als Deutschlands bester Major-Spieler bezeichnet. Kein Wunder also, dass der 31-Jährige im Dezember als einer der großen deutschen Hoffnungsträger zur Darts WM 2026 in den Ally Pally reist. Bevor das Jahreshighlight des Darts-Kalenders am 11. Dezember beginnt, hatten Medienvertreter – darunter auch Dartsnews.de – im Rahmen einer von der PDC Europe organisierten Presskonferenz die Gelegenheit, „Pikachu“ Fragen zu stellen. Pietreczko äußerte sich dabei zur Auslosung, formulierte sein WM-Ziele und gewährte Einblicke in eine ganz besondere Vorbereitung.
Der inoffizielle Startschuss zur Darts WM 2026 fiel am vergangenen Montag, als das Teilnehmerfeld komplettiert und die Auslosung vorgenommen wurde. Riccardo Pietreczko bekommt es zum Auftakt mit einem bekannten Namen zu tun: José de Sousa, der sich zu Wochenbeginn eines der letzten fünf WM-Tickets sicherte. „Jose und ich kennen uns schon ziemlich lange. Wir haben auch schon öfter im E-Dart gegeneinander gespielt“, beginnt „Pikachu“ seine Einschätzung. „Gemessen an den Averages hat er einen sehr souveränen Qualifier gespielt – aber ich weiß, was er für ein Jahr hatte. Die Auslosung hätte schlimmer, aber auch besser kommen können. Es ist ein Mittelding, würde ich sagen“, so der gebürtige Berliner weiter.

Keine Bedrohung durch Littler und Humphries

Ein genauerer Blick auf den Turnierbaum stimmt den Deutschen durchaus zuversichtlich: „Ich bin am weitesten entfernt von Luke Littler und Luke Humphries“, erklärt Pietreczko. Tatsächlich landete der 31-Jährige auf der letzten Position der oberen Turnierhälfte und befindet sich damit nicht nur auf der gegenüberliegenden Seite von Luke Humphries, sondern ist auch am weitesten vom Topgesetzten Luke Littler entfernt – eine Ausgangslage, die beinahe ganz anders ausgesehen hätte.
Trafen bereits bei den Players Championship Finals 2025 aufeinander: Ricardo Pietreczko und Luke Littler
Trafen bereits bei den Players Championship Finals 2025 aufeinander: Ricardo Pietreczko und Luke Littler
Mit 283.000 Pfund Preisgeld belegt Pietreczko derzeit Rang 33 der Weltrangliste – lediglich 2.000 Pfund hinter Joe Cullen. Dem „Rockstar“ fällt damit das undankbare Los zu, die Setzlistenposition direkt neben Luke Littler einnehmen zu müssen. Die beiden Landsmänner könnten sich somit bereits in der dritten Runde gegenüberstehen. „Es ist natürlich ein Vorteil, aber es gibt auch noch andere Spieler, gegen die man verlieren kann“, zeigt sich Pietreczko dennoch realistisch.
„Pikachu“, der als ausgewiesener Kenner der Szene und bekennender Darts-Liebhaber gilt, ließ es sich dennoch nicht nehmen, einen Blick auf den gesamten Turnierbaum zu werfen. „Ich schaue mir die Auslosung an, aber ich denke mir nicht wirklich was dabei. Ich schaue mir die anderen deutschen Spiele an und wo sie im Bracket gelandet sind“, erklärt der 31-Jährige und ergänzt: „Meinen Baum und auf wen ich in den nächsten Runden treffen könnte, schaue ich mir tatsächlich nicht an.“

„Ich bin ein Oldschool Darter“

In den kommenden zwei Wochen rückt für Pietreczko nun erst einmal die WM-Vorbereitung in den Fokus. Hier setzt der Deutsche auf eine besondere Tradition, die sich bei seinen ersten beiden Weltmeisterschafts-Teilnahmen bereits als gutes Omen erwiesen hat: „Ich werde kurz vor der WM wieder an einem größeren E-Dart-Turnier teilnehmen“, erklärt Pietreczko. Hierbei handelt es sich um ein Event in der Nähe von Frankfurt, das „Pikachu“ bereits vor der Darts WM 2024 und 2025 besucht hatte. „Das Turnier findet direkt am Wochenende, bevor ich nach London fliege, statt. Wir mussten tatsächlich erstmal schauen, ob ich teilnehmen kann oder nicht, weil das davon abhing, wann ich spiele. Aber das hat auch dieses Jahr wieder geklappt.“
Auch abseits seines traditionellen Ausflugs in die E-Dart-Szene möchte Pietreczko an seiner WM-Vorbereitung im Vergleich zu den Vorjahren nur wenig ändern. „Ich bin noch ein Oldschool Darter“, antwortet der Deutsche auf die Frage, ob er sich abseits des Oches auch mit mentalem oder Fitness-Training beschäftigt. „Ich spiele wirklich nur Dart“, grinst Pietreczko. „Meine Leidenschaft gilt dem Fußball, aber eher in zuschauender Position. Ich mache nichts im mentalen Bereich und auch keinen anderen Sport“, so „Pikachu“ weiter.
Auch der spezielle Spielmodus der Weltmeisterschaft, die im Satz-Format ausgetragen wird, ist für Pietreczko kaum ein Thema. „Ich spiele tatsächlich sehr gerne im Satzmodus, weil man auch mal einen schlechten Satz verlieren und das Spiel dennoch gewinnen kann. Beim Leg-Modus rennst du nach einem Break oft dem Rückstand hinterher, im Satzmodus ist das nicht so schlimm. Du verlierst einen Satz, kannst dich aber direkt wieder auf die nächsten konzentrieren – das finde ich tatsächlich ziemlich spannend.“

Gelungene Generalprobe

Seine vergangenen Major-Auftritte bestätigen die Erwartungen an den gebürtigen Berliner: Nach einer erneuten Viertelfinal-Teilnahme bei der European Championship in Dortmund präsentierte sich Pietreczko auch bei der WM-Generalprobe in Minehead in starker Verfassung. Nach einem dominanten Auftritt gegen William O’Connor setzte sich „Pikachu“ mit einem nervenstarken 116er-Finish im Decider gegen Gary Anderson durch.
Unsere Redaktion wollte wissen: Sehen die Spieler die Players Championship Finals auch als WM-Generalprobe? Wie groß ist der Einfluss dieses Turniers auf die entscheidenden Wochen in London? „Ich glaube, einen Einfluss auf die WM hat das Turnier nicht. Bei den Players Championship Finals spielst du im besten Fall sechs Spiele in drei Tagen. Der Turnierplan ist ganz anders gefächert als bei der WM, wo du beispielsweise am 16. Dezember dein Erstrundenspiel hast und erst ab dem 20. Dezember in die zweite Runde einsteigst. Ich glaube nicht, dass es einen großen Zusammenhang zwischen den beiden Turnieren gibt“, erläutert Pietreczko.
Im Zuge seines Rückblicks auf die vergangenen beiden Major-Turniere zog Pietreczko auch Bilanz zur Saison 2025. „Mein Jahr ist auf jeden Fall besser verlaufen als das letzte“, begann „Pikachu“. „Gerade auf dem Floor lief es wieder ein bisschen besser. Natürlich war die Nicht-Quali für den Grand Prix ein kleiner Dämpfer, aber von einem Turnier lasse ich mir nicht das ganze Jahr versalzen. Die Formkurve zeigt nach oben, und bei der WM versuche ich jetzt wie in den vergangenen beiden Jahren zu performen“, zeigte sich Pietreczko zuversichtlich.

Nur der Turniersieg zählt

Angesprochen auf sein Ziel für die bevorstehende Weltmeisterschaft, sparte Pietreczko wie gewohnt nicht mit Ambitionen: „Das Ziel ist dasselbe wie bei jedem Turnier: Jeden Gegner aus dem Weg räumen und das Turnier gewinnen“, sagt „Pikachu“. Kann sich der 31-Jährige auch mit anderen Ergebnissen zufriedengeben? „Letztes Jahr habe ich gesagt, dass ich immer eine Runde weiterkommen möchte – dieses Jahr wäre dann das Viertelfinale dran. Sollte ich im Achtelfinale stehen, werde ich mir nicht denken: ‚Oh cool, damit bin ich zufrieden, jetzt schalte ich ab.‘ Zufrieden bin ich erst, wenn ich ausgeschieden bzw. Weltmeister bin und sagen kann, dass ich ein gutes Turnier gespielt habe.“
Die Darts WM 2026 wäre sicherlich kein schlechter Zeitpunkt für einen weiteren tiefen Major-Run. Erstmals wird bei der Weltmeisterschaft im Ally Pally ein Rekordpreisgeld von fünf Millionen Pfund ausgespielt, ein Fünftel davon geht an den Titelgewinner. Damit stellt sich auch die Frage: Führt diese Rekordsumme seitens der Spieler zu erhöhtem Druck oder besonderer Motivation? „Natürlich ist diese WM die wichtigste, die es bis jetzt gab. Aber wenn ich auf der Bühne stehe, denke ich da überhaupt nicht dran. Ich will das Spiel gewinnen – da ist die Weltranglistenposition für mich zweitrangig“, erklärt Pietreczko.
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