„Dieses Turnier spiele ich für sie“ – Gaelle Dept ehrt ihre verstorbene Freundin und schreibt in Budapest ihre eigene Darts-Geschichte

WDF
Donnerstag, 30 Oktober 2025 um 9:00
Gaelle Dept
Während die PDC-Stars in Dortmund um den Titel bei der European Darts Championship kämpften, begann in Budapest das WDF World Darts Festival – ein Höhepunkt für die Amateurwelt. Eine der bemerkenswertesten Teilnehmerinnen ist die Belgierin Gaelle Dept, 32 Jahre alt, aus Sint-Katelijne-Waver. Erst vor drei Jahren warf sie ihre ersten Darts, nun steht sie auf internationaler Bühne.
„Ich habe eine Menge durchgemacht, aber ich liebe das Spiel so sehr“, sagte Dept dem Het Nieuwsblad. Auf Instagram begrüßt sie ihre Follower mit dem Satz: „You might know me from darts“ – ein Ausdruck ihres wachsenden Bekanntheitsgrades. Tagsüber arbeitet sie als IT-Projektmanagerin bei Umicore, abends lebt sie für den Sport. „Ich spiele Tennis, Volleyball und laufe regelmäßig – zuletzt in Chicago – aber mein Herz gehört dem Darts. Ich hatte schon immer gute Koordination, deshalb bin ich schnell reingekommen.“
Vor einigen Jahren stand Dept aus einem anderen Grund im Rampenlicht: Sie war fünf Jahre lang die Partnerin von Snooker-Weltmeister Luca Brecel. „Das ist jetzt dreieinhalb Jahre her“, erzählt sie ruhig. „Wir trennten uns im Guten. Ich habe das Leben eines Spitzensportlers hautnah erlebt – Reisen, Turniere, Druck. Eine lehrreiche Zeit, aber vorbei.“ Heute lebt sie bewusst ruhiger – mit ihrem Partner und ihrem Sohn. „Jetzt bin ich an der Reihe, mich zu entwickeln – auf meine Weise.“
Ihr Einstieg in den Dartsport war reiner Zufall. „Ich hatte plötzlich Freitagabend frei, ein Kollege fragte, ob ich bei einem Pub-Turnier mitspielen wolle. Zuerst war ich skeptisch – aber warum nicht?“ Der Abend veränderte alles: „Ich habe direkt mein erstes Turnier gewonnen. Wenig später fiel die erste 180. Die Leute fragten: Wer ist diese Gaelle?“
Mit dem Erfolg kam der Druck. „Plötzlich erwarteten alle etwas von mir – auch ich selbst. Ich begann zu trainieren, aber es lief nicht mehr. Darts ist mental. Man muss lernen, mit Frust umzugehen.“ Trotzdem blieb sie dabei. „Dieses Wechselspiel aus Spaß und Fokus – das ist das Beste am Dartsport.“
Nun steht sie vor ihrer größten Herausforderung: dem World Masters in Budapest. Die Qualifikation war tragisch. „Ich war Fünfte in Belgien, die besten vier durften fahren. Doch Peggy van Meir, die Dritte, starb im August völlig unerwartet mit 48 Jahren an einer Hirnblutung. Ich bekam ihren Platz – und spiele dieses Turnier für sie.“ Peggys Familie reiste mit nach Budapest. „Wir nehmen ihre Energie mit. Sie war noch nie geflogen – das macht es besonders.“
Dept hat sich technisch und mental enorm verbessert. „Wenn ich mich zu 80 Prozent fühle, will ich 81 geben. Ich vergleiche mich nicht mit anderen – das führt nur zu Frust. Der letzte Pfeil zählt, das ist mein Motto.“
Mittlerweile hat sie sechs Turniersiege auf dem Konto, bleibt aber realistisch. „Natürlich kann ich nicht mit einer Beau Greaves mithalten – das muss ich auch nicht. Jedes Match ist eine Lektion.“
Auf Social Media zeigt sie den Sport mit Humor und Kreativität. „Ich will Darts auf eine sympathische Weise zeigen – ohne Influencerin zu sein. Ich bin dafür zu alt“, lacht sie. „Aber die Leute schätzen meinen Enthusiasmus. Ich will zeigen, wie cool Darts sein kann – mit Augenzwinkern und Authentizität.“
Ihre Leidenschaft öffnet neue Türen: Im November wird sie Mastercaller bei den Ghent Open und moderiert die Top of Darts Exhibition. „Davon hätte ich früher nicht zu träumen gewagt.“
Doch der Sport bleibt männerdominiert. „Bei Männern sind 100 Anmeldungen normal, bei Frauen ist man froh über 20. Ich spiele deshalb meist gegen Männer – das macht mich stärker. Viele geben Tipps, aber nicht alle sind hilfreich“, sagt sie mit einem Lächeln. „Wenn Mike De Decker etwas sagt, höre ich zu – wegen ihm habe ich jetzt andere Flights, und die fliegen viel besser.“
Nicht alles war positiv: „Ich wurde schon als blondes Tuttebel beschimpft. Und wenn ich gewinne, heißt es, das war Glück. Aber ich lasse das an mir abprallen. Ich liebe das Spiel zu sehr.“
Neben Beruf und Familie kämpft Dept auch gesundheitlich: Wie Raymond van Barneveld lebt sie mit Typ-1-Diabetes. „Seit 21 Jahren. Das ist eine tägliche Herausforderung. Adrenalin lässt den Blutzucker verrücktspielen. Wenn er zu hoch ist, sehe ich schlechter – das kann man nicht einfach korrigieren.“ Alkohol meidet sie konsequent. „Ich esse lieber etwas – Bananen oder Blaubeeren. Nach langen Turniertagen kann ich mich sonst richtig schlecht fühlen.“
Laufen hilft ihr, den Körper zu regulieren. „Am Morgen eines Turniers gehe ich oft joggen. Das stabilisiert meinen Zucker und gibt mir Energie.“
Auch wenn sie bei den World Masters alle Gruppenspiele verlor, bleibt Gaelle Dept eine der inspirierendsten Figuren des belgischen Darts. In nur drei Jahren hat sie sich von der Gelegenheitsspielerin zur internationalen Wettkämpferin entwickelt – mit Herz, Disziplin und Lebensfreude.
„Mein Ziel? Einfach weiter wachsen“, sagt sie zum Abschluss. „Solange ich Spaß habe, werfe ich weiter. Und wer weiß – vielleicht zählt der letzte Pfeil irgendwann ein bisschen mehr.“
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