Luke Humphries hat bei der
European Championship in Dortmund ein Ausrufezeichen gesetzt. Der Weltranglistenerste besiegte am Donnerstagabend Krzysztof Ratajski mit 6:1 und überzeugte dabei mit einem herausragenden Average von fast 110 Punkten. Damit machte der Engländer deutlich, dass er seinen Platz an der Spitze der Weltordnung vorerst nicht hergeben will.
„Ich habe die Messlatte hoch gelegt“,
sagte Humphries anschließend zu DartsNews.de. „Ich habe mich gut gefühlt. Während des Spiels dachte ich, mein Average liege bei etwa 105 – dass er noch höher war, hat mich überrascht. Natürlich geht es nicht um den Average, sondern ums Gewinnen. Das ist alles, was zählt.“
Humphries profitierte von einem schwachen Start seines polnischen Gegners und setzte sich mit einem frühen Break ab. „Krzysztof hat nicht auf seinem besten Niveau gespielt, er hat im zweiten Leg ein paar Doppel verfehlt, und das gab mir Selbstvertrauen. Wenn man einmal in Führung ist und diese halten kann, wächst das Vertrauen mit jedem Leg.“
Der Sieg in Dortmund war Humphries’ erster TV-Erfolg seit seiner Niederlage im Finale des World Grand Prix gegen Luke Littler. Diese deutliche 1:6-Pleite beschäftigt den Weltranglistenersten noch immer. „Ich hatte phasenweise das Gefühl, der bessere Spieler zu sein, aber Lukes Timing war phänomenal“, sagte Humphries. „Das ist seine größte Stärke. Auch wenn das Ergebnis klar war, fühlte es sich nicht so an. Ich war in fast jedem Satz dabei, aber in den entscheidenden Momenten war er besser. Gegen Spieler dieses Kalibers kann man wenig falsch machen – sie bestrafen einfach jeden Fehler.“
Im Rückblick auf das verlorene Finale betonte Humphries, dass auch Niederlagen wertvolle Erfahrungen sein können. „Es ist schwer, nach so einem Spiel Positives zu sehen, besonders nach einem großen Finale. Aber die Art, wie ich gespielt habe, hat mir Selbstvertrauen gegeben. Luke war der verdiente Sieger, aber ich habe gezeigt, dass ich mit ihm mithalten kann. Nur in den Schlüsselmomenten habe ich etwas nachgelassen.“
Gerade dort sieht Humphries den entscheidenden Unterschied zwischen Gut und Weltklasse. „Die Allerbesten bringen es in den Momenten zu Ende, in denen sie müssen. Das ist der Unterschied. Heute Abend habe ich das geschafft. Ich habe meine Chancen genutzt – auch kleine, wie das Treffen der Doppel zwei. Solche Details entscheiden Spiele.“
Nach seiner Finalniederlage legte der Engländer eine bewusste Pause ein. „Es war gut, ein paar Tage bei der Familie zu verbringen und mit einem frischen Kopf zurückzukehren“, erklärte er.
Der europäische Titel als fehlendes Puzzleteil
Der EM-Titel fehlt noch in Humphries’ beeindruckender Sammlung – und der 29-Jährige will das in Dortmund ändern. „Das gibt mir zusätzliche Motivation“, sagte er. „Die letzten Male lag es nicht an der Einstellung, aber dieses Turnier ist brutal. Es gibt keine leichten Gegner. Jetzt habe ich Cameron Menzies, aber es hätte genauso gut Gary Anderson oder Luke Littler sein können – das sagt alles über das Niveau hier.“
„Ich will es auf meine Art schaffen“, ergänzte Humphries. „Ich möchte große Spieler schlagen und zeigen, dass ich auch dieses Turnier gewinnen kann. Wenn ich dieses Niveau halte, kann ich in den Finalrunden jeden schlagen.“
Auffällig war seine Gelassenheit auf der Bühne. Humphries erklärte, dass er gezielt an seinem Rhythmus gearbeitet hat. „Ich habe mein Tempo leicht verlangsamt, und das macht mein Spiel stabiler. Wenn ich zu schnell bin, habe ich zu viel Adrenalin und versuche zu erzwingen. Jetzt bleibe ich ruhig – das hilft enorm.“
„Ich fühle mich wohl auf der Bühne. Ich versuche nicht, jedem zu beweisen, dass ich die Nummer eins bin. Ich genieße es einfach, die großen Turniere zu spielen. Wenn ich mein bestes Niveau abrufe, weiß ich, dass ich zu den stärksten Spielern der Welt gehöre – das zählt für mich.“
Noch nicht ausgefochten: Das Duell an der Spitze
Obwohl Luke Littler ihm in dieser Saison dicht im Nacken sitzt, zeigt sich Humphries entschlossen, seine Spitzenposition zu verteidigen. „Die Leute nannten mich die schlechteste Nummer eins aller Zeiten, aber ich habe diesen Status gerechtfertigt“, sagte er entschieden.
Dennoch bleibt er bei seiner Philosophie: Der Fokus liegt auf dem eigenen Spiel, nicht auf der Rangliste. „Ich versuche nicht, zu beweisen, dass ich die Nummer eins bin. Ich will einfach nur meine Darts spielen, gewinnen und Spaß haben. Wenn ich das tue, kommen die Ergebnisse von selbst.“