Nathan Aspinall hat nach seinem furiosen 6:1-Sieg über Rob Cross bei der European Championship in Dortmund eine klare Ansage gemacht: Er will sich „die Eier abreißen“, um wieder in die Premier League zurückzukehren. Der Engländer zeigte zum Auftakt eine überragende Vorstellung, spielte einen Average von 100,53, warf vier 180er und traf knapp 43 % seiner Doppel – ein Auftritt, der seine starke Form im Oktober eindrucksvoll bestätigte. Erst letzte Woche hatte der 34-Jährige in Hildesheim seinen dritten European-Tour-Titel der Saison geholt.
Aspinall präsentierte sich gegen den zweifachen Europameister Cross von Beginn an fokussiert, zielstrebig und selbstbewusst. Nach dem Verlust des ersten Legs gewann er sechs Legs in Serie und sicherte sich den Sieg in nur 13 Minuten – eine Machtdemonstration eines Spielers, der seinen „Kampf im Bauch“ wiedergefunden hat.
„Ich fühle mich fantastisch – ich lächle wieder“, sagte Aspinall anschließend. „Ich schwebe immer noch auf Wolke sieben nach dem Wochenende. Ich hatte fantastische Tage am Oche, und es ist einfach schön, wieder lachen zu können.“
Als Nummer 1 der European Tour Order of Merit startete Aspinall in Dortmund mit hohen Erwartungen, doch Druck ließ er nicht aufkommen. „Ich wollte hier gewinnen, weil ich die Nummer 1 bin. Alle reden darüber, dass der Topgesetzte in den letzten Jahren früh rausgeflogen ist – aber das interessiert mich nicht. Selbst nach dem 0:1 wusste ich, dass ich gut genug bin, Rob zu schlagen.“
Auch auf den vermeintlichen „Fluch“ der Topgesetzten reagierte er mit seiner typischen Offenheit: „Diese Rankings, Order of Merit, all das – das interessiert uns Spieler nicht. Es sind die Journalisten, Sky, die Presse, die darüber reden. Luke Humphries hört es sicher auch nicht mehr gern, dass alle fragen, ob er die Nummer 1 bleibt. Natürlich wird Luke Littler irgendwann die Nummer 1 – das ist klar, wir haben’s verstanden.“
Mit einem Augenzwinkern fügte er hinzu: „Alle redeten darüber, dass ich aus den Top 16 gefallen bin. Ja, das passiert eben. Aber ich weiß, dass ich wieder da oben sein werde. Mein Opa erinnert mich ständig daran, ich solle wieder raufkommen. Und ich sag ihm: ‘Mach dir keine Sorgen, Opa – ich bin dran.’“
„Ich will nicht langweilig sein – ich brauche das Auf und Ab“
Aspinall, bekannt für seine emotionale Ehrlichkeit, beschrieb sich selbst als „Achterbahnfahrer“ – und sieht das als Vorteil. „Ich will nicht langweilig sein. Ich will nicht einfach nur James Wade sein – nichts gegen ihn –, aber jahrelang in den Top 10 und einfach nur durchziehen? Das bin ich nicht. Ich liebe das Auf und Ab. Es hält mich wach. Eine Woche wirst du auf Social Media niedergemacht, die nächste gefeiert – das ist doch das Schöne daran.“
Trotzdem weiß er, dass Konstanz entscheidend ist. „Natürlich würde ich lieber konstanter sein und die nächsten zehn Jahre in den Top 5 stehen. Aber so bin ich nun mal nicht. Ich brauche dieses Feuer. Im Moment bin ich glücklich, ich spiele gut – und ich glaube, dass ich an diesem Wochenende etwas Großes erreichen kann.“
Statistisch ließ Aspinall keine Fragen offen: vier 180er, sechs 140er, ein 82er-Finish zum Matchgewinn. Cross traf nur ein Doppel aus vier Versuchen und konnte dem Druck kaum standhalten. In der zweiten Runde wartet nun der Niederländer Danny Noppert, der am Eröffnungsabend Dirk van Duijvenbode mit 6:3 besiegte.
Nach seinen Erfolgen auf der European Tour glaubt Aspinall fest daran, bald wieder einen großen TV-Titel zu gewinnen. „Ja, definitiv“, sagte er. „Ob dieses Wochenende, beim Grand Slam, bei den Players Championship Finals oder bei der WM – ich fühle, dass ich eines der großen Turniere holen kann.“
„Man muss diesen Glauben haben. Wenn du nicht an dich glaubst, brauchst du gar nicht erst aufzutauchen. Ich habe in den letzten zehn Tagen ein neues Selbstvertrauen gefunden. So gut habe ich mich seit dem Matchplay nicht mehr gefühlt. Ich bin überzeugt, dass bald wieder ein großer Titel kommt.“
Auf die Frage, ob der „Angstfaktor“ bei seinen Gegnern zurück sei, grinste er nur: „Das müssen Sie die anderen fragen – aber ich kenne die Antwort. Wenn ich in dieser Stimmung bin, will keiner gegen mich spielen.“
Aspinall sprach außerdem über seine Trennung von Manager Martin Foulds, die in der letzten Woche öffentlich wurde. „Es war eine einvernehmliche Entscheidung – überhaupt kein böses Blut“, betonte er. „Martin war acht Jahre an meiner Seite, ein toller Freund und Manager. Ich danke ihm von Herzen. Aber Karrieren verändern sich, und manchmal ist es einfach Zeit für den nächsten Schritt. Für uns beide war das die richtige Entscheidung.“
„Ich werde mir den Arsch aufreißen“
Natürlich rückte auch die Premier League wieder in den Fokus – Aspinalls erklärtes Ziel. „Ich habe gesagt, ich will nächstes Jahr nicht mehr in der Premier League spielen“, scherzte er – nur um gleich hinterherzuschieben: „Im Ernst, ich weiß, was ich zu tun habe. Ich will die Premier League, die World Series, ich will die neue Show in Saudi-Arabien spielen – ich will überall dabei sein. Aber das liegt allein an mir.“
Er weiß, dass er noch nicht sicher im Kreis der Top 8 steht. „Ich denke, ich bin nah dran, aber noch nicht ganz da. Ich werde mir den Arsch aufreißen, um es der PDC unmöglich zu machen, mich nicht zu nominieren. Wenn es dieses Jahr nicht klappt, dann eben nächstes. Aber ich gebe alles, um es zu schaffen. Die Premier League ist der Höhepunkt der Saison – und um da wieder reinzukommen, muss ich liefern. Das ist mein Fokus.“
Am Samstag wartet Danny Noppert – und angesichts von Aspinalls aktueller Form, seinem Selbstvertrauen und seiner Entschlossenheit würde kaum jemand dagegen wetten, dass der Engländer seinen Lauf fortsetzt.
Für einen Spieler, der in seiner Karriere schon oft zurückgeschlagen hat, ist die Botschaft aus Dortmund klar: Nathan Aspinall ist wieder da – kämpferisch, ehrlich, gefährlich.
Der „Asp“ brummt wieder – und er ist bereit, zu stechen.