„Ich habe sie an der Gurgel, und dann lasse ich sie trotzdem ziehen“ - Gerwyn Price reagiert auf Achtelfinalsieg gegen Martin Schindler

PDC
durch Nic Gayer
Sonntag, 23 November 2025 um 9:00
Gerwyn Price (1)
Es war ein langer, intensiver Tag bei den Players Championship Finals – doch für Gerwyn Price endete er mit einem zufriedenen Lächeln. Zwei Siege, der Einzug ins Viertelfinale und vor allem das Gefühl, endlich wieder mehr Kontrolle über sein Spiel zu gewinnen. Trotzdem präsentierte sich der 40-jährige Waliser, der sonst für seine explosive Bühnenpräsenz bekannt ist, ungewohnt zurückhaltend. In einem ausführlichen Interview nach seinem zweiten Sieg des Tages sprach Price über Form, Frust und seine Hoffnung auf einen Major-Finaleinzug.
Price blickte nüchtern auf seine beiden Matches zurück. „Ich denke, ich habe mich gut geschlagen. Ich habe meinen Kopf oben behalten, besonders in der Mitte des Matches“, sagte er. Gleichzeitig ärgerte er sich über die Art und Weise, wie einige Legs liefen – vor allem in der dritten Runde gegen Martin Schindler. Zur ersten Pause lag er 2:3 hinten, obwohl er das Gefühl hatte, eigentlich führen zu müssen.

„Das ist die Geschichte meiner Saison“

„Es blieb lange Zeit angespannt, während ich besser spielte“, erklärte Price. Schindler nutzte genau die Momente, in denen Price selbst nicht traf. Für den „Iceman“ ist dieses Muster längst bekannt: „Das ist die Geschichte meiner Saison. Ich gebe meinen Gegnern zu viele Chancen. Manchmal bricht das zusammen, aber zum Glück nicht heute Abend.“
Gerwyn Price trifft im Viertelfinale auf Daryl Gurney
Gerwyn Price trifft im Viertelfinale auf Daryl Gurney
Sein Energielevel gehört normalerweise fest zu seinem Spiel – Intensität, Körpersprache, Jubel. Doch diesmal wirkte Price deutlich ruhiger. Nicht aus Taktik, sondern aus Zeitdruck. „Mir war nicht klar, dass ich so früh wieder spielen muss. Ich dachte, ich wäre später dran. Dann kam die E-Mail und ich hatte buchstäblich eine Stunde, um mich fertigzumachen.“
Diese kurze Vorbereitungszeit spürte er sofort. „Ich war müder, als ich es mit einer zusätzlichen Stunde gewesen wäre.“ Das erinnere ihn an die European Tour, wo am Finaltag mehrere Partien anstehen. „Eine so schnelle Abfolge von Spielen ist einfach hart.“
Auch die Atmosphäre beim Walk-on stellte Price diesmal leicht auf die Probe. „Sie hatten die Musik lauter gestellt, ich glaube zum ersten Mal“, sagte er leicht lachend. Dennoch habe er das Gefühl, dass seine aktuelle Musikwahl nicht überall gut ankomme. „Ich glaube, Sky Sports oder wer auch immer will nicht, dass ich diese Musik beibehalte. Sie wollen, dass ich wieder zu meiner alten Musik zurückgehe. Aber ich behalte sie einfach.“ Denn für Price ist der Song längst Teil seiner Identität. „Ich versuche einfach, mich dabei wohlzufühlen.“
Die Saison des Walisers läuft trotz starker Ergebnisse unter dem Radar. Auf der Pro Tour stand er ganz oben, im TV schaffte er es aber nur drei Mal ins Viertelfinale. Dass weniger über ihn gesprochen wird, versteht er: „Das liegt an mir selbst. Ich verpasse Gelegenheiten. Heute hätte ich das Spiel gegen Martin tatsächlich verschenken können. Dann wäre es ein weiteres Ausscheiden im Achtelfinale gewesen.“ Dennoch spürt er, dass er nah an seiner Topform ist. „Hoffentlich ist dies das Turnier, das ich gewinne, um mir einen Schub für die Weltmeisterschaft zu geben.“
Sein Selbstvertrauen sei nie weg gewesen. „Ich weiß, dass ich gut spiele. Ich habe keine Angst vor anderen Spielern. Aber man muss weiter Leistung bringen.“ Seine größte Frustration: dass er Gegner immer wieder ins Match zurückholt. „Ich habe sie im übertragenen Sinne an der Gurgel, und dann lasse ich sie trotzdem ziehen.“
Im Viertelfinale wartet nun Daryl Gurney. Für Price ist klar: „Wenn ich meine Chancen nutze, werde ich gewinnen. Wenn nicht, wird es ein langes, hartes Match.“

„Hoffentlich halte ich das durch“

Die vergangenen zwölf Monate hat er besonders an seiner körperlichen Fitness gearbeitet – eine bewusste Entscheidung. Turniere wie dieses fordern oft mehrere Matches am Tag. „Auf der European Tour spielt man manchmal drei Matches an einem Tag. Dieses Turnier ist sehr ähnlich. Da hilft es ungemein, wenn man in Form ist.“ Morgen könne er – je nach Turnierverlauf – wieder bis zu drei Partien spielen. „Es wird so oder so ein langer Tag werden. Hoffentlich halte ich das bis zum Ende durch.“
Sein nächster Gegner kommt mit Rückenwind: Gurney überlebte zuvor zehn Matchdarts von Adam Lipscombe. Das könne psychologisch in beide Richtungen gehen, meint Price. „Ich weiß nicht, ob das für ihn oder für mich ein Vorteil ist. Ich spiele einfach mein eigenes Spiel. Ich bin gut im Kopf und wenn ich meine Chancen nutze, gewinne ich.“
Auch das frühe Ausscheiden von Luke Humphries, dem zweifachen Titelverteidiger, sieht Price nicht als besonderen Vorteil. „Als er mich letzte Woche geschlagen hat, hat er besser gespielt. Aber später habe ich ein paar Clips auf Instagram gesehen und dachte: Er hatte ein paar tolle Finishes genau zum richtigen Zeitpunkt. Mit ein bisschen Pech für ihn kann so ein Match auch in die andere Richtung gehen.“
Humphries und Littler hätten aktuell einen mentalen Vorteil – „das Glück des Champions“. Aber Price glaubt nicht, dass das ewig hält. „Wenn dieses Glück versiegt, werden sie nicht mehr gewinnen.“ Humphries selbst zollt er dennoch Respekt. „Er hat gut gespielt, ich nicht. Und in den kleinen Momenten fiel ihm viel zu. Aber irgendwann in der Saison kehrt sich das um.“
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