Ryan Searle hat bei der
European Championship erneut bewiesen, warum er als einer der gefährlichsten Außenseiter auf dem PDC-Circuit gilt. Mit einem überzeugenden 6:3-Erfolg über Jonny Clayton zog der Engländer in die zweite Runde ein und zeigte dabei, dass seine Mischung aus Gelassenheit und Siegeswillen eine gefährliche Kombination ist.
Starker Auftritt nach holprigem Beginn
„Es war ein etwas holpriger Start“, sagte Searle nach dem Spiel. „Die erste Hälfte war wirklich chaotisch. Ich hatte Mühe, in meinen Rhythmus zu kommen, aber danach lief es gut.“ Der Engländer nutzte einige ungewohnte Fehlwürfe seines walisischen Gegners und blieb selbst eiskalt auf den Doppeln. „Jonny hat ein paar Chancen liegen lassen, und das passiert nicht oft. Wenn so ein Moment kommt, muss man zuschlagen – und das habe ich getan.“
Der Sieg war für Searle besonders wichtig, nachdem er zuletzt bei mehreren TV-Turnieren früh ausgeschieden war. „Ich habe ehrlich gesagt nicht groß darüber nachgedacht“, erklärte er. „Wenn man sich meine Auslosungen anschaut – Littler, Price, jetzt Clayton – das sind harte Gegner. Aber wenn man nicht unter den Top 16 steht, gehört das eben dazu. Ich will da wieder hin.“
Formstark auf dem Floor, wacklig auf der Bühne
Während Searle auf der Bühne noch nach Konstanz sucht, läuft es auf der Pro Tour glänzend. „Ich habe kürzlich ein Floor-Turnier gewonnen und stand im Halbfinale. Bei den Players Championship Turnieren spiele ich wirklich gut, aber auf der Bühne fehlt manchmal das gewisse Etwas“, sagte er. „Ein paar Bouncer, eine verpasste 180 – solche Kleinigkeiten können dein Selbstvertrauen ruinieren.“
Besonders offen sprach Searle über seine Sehprobleme, die ihn immer wieder beeinträchtigen. „Mit meinen Augen ist es nicht leicht, mein bestes Spiel im Fernsehen zu zeigen. Aber ich bin stolz darauf, dass ich es trotzdem tue. Es gibt keine Lösung für das Problem – ich muss damit leben und das Beste daraus machen.“
Erfolg ohne Besessenheit
Searle gilt als einer der entspanntesten Profis auf der Tour – und das ist ihm bewusst. „Um ehrlich zu sein, hat sich daran nichts geändert“, meinte er. „Ich habe in dieser Saison zwei Titel gewonnen statt einem. Das ist Fortschritt. Früher war einer pro Jahr fast Standard.“
Trotzdem sieht er sich nicht als Spieler, der von Siegesbesessenheit getrieben wird. „Ich wäre gerne jemand, der wirklich für jeden Sieg lebt, aber das liegt nicht in meiner Natur. So bin ich einfach nicht. Aber glauben Sie mir: Wenn ich auf der Bühne stehe, will niemand mehr gewinnen als ich.“
Dankbarkeit statt Druck
Auf die Frage, ob er manchmal zu zufrieden mit seiner Position sei, reagierte Searle mit einem Lächeln. „Wenn man sieht, wo ich herkomme und was ich erreicht habe, dann hat sich mein Leben komplett verändert. Ich verdiene mit etwas Geld, das ich liebe – das ist etwas Besonderes. Natürlich will ich gewinnen, aber ich bin kein zwanghafter Typ. Vielleicht brauche ich da mal ein Coaching“, scherzte er.
Er zog einen Vergleich zu anderen Sportarten: „Im Tennis oder Golf wachsen viele mit dem Ziel auf, Profis zu werden. Im Darts ist das anders. Viele von uns haben gearbeitet, hatten ein normales Leben. Ich habe erst mit 21 ernsthaft angefangen. Meine Motivation ist deshalb vielleicht etwas anders – ich spiele nicht nur für Titel, sondern auch, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Und ganz ehrlich: So geht es vielen hier.“
Musik, Mentalität und Selbstvertrauen
Searle betritt die Bühne zu Ozzy Osbournes Crazy Train – eine Hymne, die perfekt zu seinem Spitznamen „Heavy Metal“ passt. „Ich habe überlegt, den Song zu wechseln“, gab er zu. „Aber viele Leute kennen mich damit, und es funktioniert. Ich dachte kurz über Bodies von Drowning Pool nach – aber das wäre wohl etwas zu hart für das Publikum“, sagte er lachend.
Mit seiner gelassenen Art, seiner stetigen Weiterentwicklung und einem frischen Selbstvertrauen will Searle nun wieder im Rampenlicht angreifen. „Ich weiß, dass ich das Niveau habe, um große Turniere zu gewinnen“, sagte er abschließend. „Ich muss nur ruhig bleiben, das Vertrauen behalten und an meinem Spiel festhalten. Ich bin nicht der lauteste Spieler – aber wenn ich meinen Tag habe, kann ich jeden schlagen.“