Gary Anderson steht in dieser Woche wieder auf der größten Bühne des Dartsports – und hat vorab einen klaren Pakt mit sich selbst geschlossen: Bis zum Ende der
Darts WM rührt er keine Kettensäge mehr an. Der zweimalige Weltmeister musste im vergangenen Jahr zusehen, wie seine Titelhoffnungen wegen einer Schulterverletzung verflogen. Die Ursache: ein unglücklicher Arbeitsunfall an seinen Angelteichen in Somerset. Diesen Fehler will er unter allen Umständen vermeiden.
Ein Blick zurück – und ein schmerzhafter Fehler
Anderson spricht offen über den Moment, der sein WM-Abenteuer 2025 quasi beendete.
„Ich wollte einen Baumstamm zersägen, stand aber auf den Zehenspitzen und hielt die Kettensäge einhändig über dem Kopf“, erzählt er. Kurz darauf merkte er auf dem Trainingsboard sofort, dass etwas nicht stimmt. „Ich konnte das Bullseye nicht einmal erreichen. Ich dachte nur: Ich stecke in Schwierigkeiten.“
Seine Schulter blockierte, der gewohnte Wurf auf Augenhöhe war unmöglich. „Normalerweise werfe ich geradeaus aus Augenhöhe, aber manchmal fiel die Schulter einfach weg“, sagt er. Inzwischen ist das abgehakt. Anderson will nach vorne schauen – ohne Ausreden, ohne Lärm. „Einfach weitermachen.“
Arbeit ja – aber ohne gefährliches Werkzeug
Anderson, der neben dem Sport kaum ruhig sitzen kann, hat sich selbst eine klare Grenze gesetzt. Die Arbeit an seinen Teichen läuft weiter, aber die riskanten Geräte bleiben tabu.
„Alle glauben, ich würde nur angeln – völliger Quatsch“, sagt er lachend. „Wir arbeiten sieben Tage die Woche, um alles sauber zu halten. Mein Kumpel sagt immer: Fass die Kettensäge nicht an, bevor die Weltmeisterschaft vorbei ist. Und das mache ich auch nicht.“
Rekordhalter, Mitfavorit – und trotz allem hungrig
Anderson bleibt ein Gigant auf der Ally-Pally-Bühne. 17 Erstrundensiege in Folge – ein Rekord, den Michael van Gerwen im vergangenen Jahr übernahm, als Anderson verletzt ausschied.
Der Schotte nimmt es sportlich, hat aber klare Ziele. „Ich war fünfmal im Finale. Es wäre schön, wieder dort zu stehen und es zu gewinnen. Dann wäre ich bei 50 Prozent. Damit kann ich leben“, sagt er trocken.
Für „The Flying Scotsman“ steht fest: Es gibt im Darts nichts Größeres als die WM. „Alle anderen Turniere sind im Grunde unwichtig. Jeder träumt davon, auf dieser Bühne zu stehen.“
„Teilzeitspieler“? Anderson lächelt nur
Dass er weniger trainiert als viele andere Profis, bestreitet er nicht.
„Es nervt mich, wenn jemand sagt, ich sei fertig. Was wissen diese Leute über mein Leben? Gar nichts“, erklärt er. Rückzug? Kein Thema. „Ich entscheide selbst, wann ich aufhöre.“
Michael van Gerwen bezeichnete ihn einmal scherzhaft als Teilzeitspieler. Anderson nimmt es gelassen:
„Er hatte recht – aber ich habe ihn auch schon geschlagen. Nicht schlecht für einen Teilzeitspieler.“
Große Bewunderung für die neue Generation
Anderson sieht, wie schnell sich der Sport entwickelt.
„In den nächsten fünf Jahren wird es so viele gute Spieler geben, dass keiner mehr alles gewinnen wird“, prophezeit er. Besonders ein Name beeindruckt ihn: Gian van Veen.
„Er ist ein fantastischer Typ. Klug, geduldig, und er macht es auf die richtige Weise. Erst Ausbildung, dann Darts. Das sollten mehr junge Spieler so machen.“
Am Ende hat Anderson noch einen väterlichen Rat – typisch bodenständig, typisch Anderson:
„Man sollte immer einen Beruf haben, auf den man zurückgreifen kann. Falls es mit dem Darts nicht klappt. Und vor allem: Keine Kettensägen!“