„Die fehlende Anerkennung durch die PDC hat mir weh getan“ – Joe Cullen nach seinem Auftaktsieg beim World Grand Prix

PDC
Dienstag, 07 Oktober 2025 um 9:00
Joe Cullen (2)
Joe Cullen hat beim World Grand Prix 2025 einmal mehr seine Kämpferqualitäten unter Beweis gestellt. Der 36-jährige Engländer setzte sich in der ersten Runde gegen James Wade durch – einen der konstantesten Spieler der Saison. Zwar zeigte Cullen nicht sein bestes Spiel, doch sein Wille und seine mentale Stärke machten am Ende den Unterschied.
Nach dem Sieg sprach Cullen offen über seine Leistung und den inneren Kampf, den er in dieser Saison führt. Auf die Frage, warum er gerade auf der Bühne des World Grand Prix oft aufblüht, antwortete er lachend: „Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Ich war Anfang der Woche bei einer Exhibition hier und habe furchtbar gespielt. Ich kann es also wirklich nicht erklären.“
Das besondere Double-in-Double-out-Format sieht Cullen mit gemischten Gefühlen. „Alle sagen immer, dass dieses Format gut zu mir passt, aber als Spieler fühlt es sich nicht so an. Wenn du den Start verpasst, ist das ein Albtraum. Du musst sofort treffen – sonst setzt dich dein Gegner sofort unter Druck. Genau das ist heute passiert.“
Cullen gab zu, dass er sich vor dem Spiel nicht wohl fühlte. „Ich wusste nicht, ob es im Kopf oder körperlich war, aber ich hatte das Gefühl, dass etwas nicht stimmt. In solchen Momenten hast du zwei Optionen: kämpfen oder weglaufen. Ich habe mich fürs Kämpfen entschieden – und das hat sich ausgezahlt.“
Der Engländer blickt auf ein wechselhaftes Jahr zurück. Zwei Siege bei den Players Championships stehen ausbleibende Erfolge auf der großen Bühne gegenüber. „Ich habe mich schwer getan, konstant zu bleiben“, sagt er ehrlich. „Wenn mir jemand zu Jahresbeginn gesagt hätte, dass ich bei jedem Turnier die letzten 16 erreiche, hätte ich das unterschrieben. Aber ich will mehr. Ich will Turniere gewinnen.“
Auch um seine Teilnahme beim Grand Prix musste er zeitweise bangen. „Ich war kurz davor, das Turnier zu verpassen. Aber dann habe ich in Hildesheim plötzlich etwas gefunden. Ich weiß bis heute nicht genau, was es war, aber es hat mir Selbstvertrauen gegeben.“
Joe Cullen in Aktion
Joe Cullen in Aktion
Trotzdem bleibt Cullen selbstkritisch. „Ich weiß, dass ich gut genug bin. Die Fans sehen das, die Medien sehen das. Aber mir fehlt noch etwas – ein Bindeglied, das ich noch nicht gefunden habe.“
Mit Blick auf 2022, als er die Premier League nur knapp verpasste, wird Cullen nachdenklich. „Damals schien es kein großer Verlust zu sein, aber rückblickend hat es mich mehr getroffen, als ich dachte. Ich habe nie wirklich Anerkennung für das bekommen, was ich in diesem Jahr erreicht hatte. Das hat mich mental stärker belastet, als mir damals bewusst war.“
Heute versucht Cullen, aus dieser Erfahrung zu lernen. „Ich habe zu lange darüber nachgedacht, zu viel analysiert. Dabei habe ich etwas von meinem Schwung verloren. Jetzt will ich ihn wiederfinden.“
Obwohl er oft als selbstbewusst gilt, kennt Cullen auch die Schattenseiten des Profidaseins. „Jeder Dartspieler kennt das Gefühl, sich schlecht zu fühlen. Vor dem Spiel dachte ich: Wenn du dich so fühlst, wirst du verlieren. Aber dann kam der Gedanke: Was soll’s? Du verlierst, gehst nach Hause – das war’s. Das hat mich befreit.“
Diese mentale Lockerheit zahlte sich aus. „Mein Startdoppel lief gut, das setzte James sofort unter Druck. Er ist einer der besten Finisher aller Zeiten – in jeder Ära wäre er unter meinen Top 3. Wenn du ihn aus dem Rhythmus bringen kannst, machst du etwas richtig.“
Für den weiteren Turnierverlauf bleibt Cullen vorsichtig optimistisch. „Ich hoffe, dass ich das Gefühl von heute Abend mitnehmen kann. Wenn sich mein Wurf gut anfühlt, spiele ich gut. Wenn nicht, denke ich zu viel – und das ist Gift.“
Zum Schluss zitierte er eine Lektion seines Weggefährten Richie Burnett – mit einem Augenzwinkern: „Richie sagte mal: ‚Wenn du Darts zu sehr verkomplizierst, bist du am Arsch.‘ Und wisst ihr was? Er hatte verdammt recht. Es gibt nichts, was dich davon abhält, in jedem Leg einen Neun-Darter zu werfen – außer deinem eigenen Kopf.“
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