Für das Saisonfinale des
Podcasts Tops & Tales lud Schiedsrichter Huw Ware einen Spieler ein, der längst Kultstatus genießt: Ryan „Heavy Metal“ Searle. Mit seinem rasanten Spielstil, seinem unverwechselbaren Walk-on zu Paranoid von Black Sabbath und seiner markanten Erscheinung hat sich der Engländer in die Herzen der Fans gespielt. Doch hinter dem Erfolg steckt eine Geschichte von Ausdauer, Leidenschaft und persönlicher Stärke.
Searle wuchs in Tiverton in Devon auf, umgeben von ländlicher Ruhe und wenigen Ablenkungen. Schon früh prägte Sport seinen Alltag: Fußball, Rugby, Tennis und Skateboarden. Knieprobleme zwangen ihn, Rugby aufzugeben. Heute lacht er, dass er zwar gerne wieder aufs Skateboard steigen würde, es aber zu riskant sei: „Wenn ich mir das Handgelenk breche, ist das das Ende – als Dartspieler kann ich mir das nicht leisten.“
Heavy Metal als Lebensgefühl
Sein Spitzname ist Programm. Schon mit 12 oder 13 Jahren entdeckte Searle Bands wie Disturbed und System of a Down. Die Leidenschaft für Heavy Metal prägt ihn bis heute. „Ich höre immer noch die gleichen Bands“, sagt er. Mit Paranoid von Black Sabbath wählte er bewusst einen Song, den jeder kennt: „Es gibt viele Lieder, die ich mag. Aber wenn das Publikum sie nicht wiedererkennt, bringt es nichts.“ Die Kombination aus Musik, Spitzname und seiner bodenständigen Art machte ihn schnell zum Publikumsliebling.
Der Beginn einer Karriere
Darts fand seinen Weg in Searles Leben über seine Eltern, die häufig Turniere im Fernsehen verfolgten. Eine feste Dartscheibe in seinem umgebauten Dachzimmer war schließlich der Auslöser. „Sie hing nicht im richtigen Abstand, aber ich stellte mich einfach so weit wie möglich nach hinten. Schon damals konnte ich 180 werfen, aber niemand glaubte mir“, erinnert er sich. Mit 21 wurde es ernst: In den lokalen Ligen fiel sein Talent sofort auf, und über die County-Auswahl machte er sich schnell einen Namen.
Sein flüssiger, unverkrampfter Wurfstil ist heute sein Markenzeichen. Tipps kann er dazu kaum geben: „Ich stehe einfach am Oche und werfe. Sobald man zu viel nachdenkt, läuft es schief.“ Genau diese Leichtigkeit ist es, die ihn so beliebt macht – kein Showgehabe, nur Darts. Inzwischen hat er sechs Pro-Tour-Titel gewonnen.
Spielen mit eingeschränkter Sicht
Besonders bemerkenswert ist sein Weg, weil Searle mit einer dominanten Optikusatrophie lebt, einer erblichen Augenkrankheit, die sein Sehvermögen einschränkt. „In der Schule konnte ich die Tafel nicht lesen, ich habe einfach abgeschrieben“, erzählt er. Erst als seine Tochter die Krankheit in stärkerer Form erbte, suchte er gezielt nach Informationen. Heute arbeitet er mit einer niederländischen Stiftung zusammen und trägt deren Abzeichen auf seinem Trikot, um Aufmerksamkeit zu schaffen.
Auch wenn Brillen oder Linsen sein Sehvermögen kaum verbessern, helfen sie gerade genug, um sein Spiel möglich zu machen. „Bei Checkouts wie 125 kann der Dart im Bullseye überall sein. Oft frage ich den Schiedsrichter, was ich geworfen habe.“ Seine schnelle Spielweise macht seine Erfolge noch beeindruckender. „Wenn ich mein bestes Niveau erreiche, braucht es schon etwas Besonderes, um mich zu stoppen.“
Durchbruch auf der großen Bühne
Der Weg zur PDC war alles andere als geradlinig. Lange zögerte Searle, an der Q-School teilzunehmen, aus finanziellen und sportlichen Bedenken. Über die Challenge Tour schaffte er dennoch 2016 den Sprung – hinter Rob Cross wurde er Zweiter und sicherte sich die Tourkarte. „Es wurde viel diskutiert, ob ich den Schritt wirklich gehe. Aber ich habe es nie bereut.“
Sein erstes Jahr verlief ordentlich, die zweite Saison jedoch schwierig. Der Wendepunkt kam 2018 mit dem Sieg beim Champion of Champions in Wales. Danach erreichte er sein erstes Pro-Tour-Finale und gab ein starkes WM-Debüt mit dem Achtelfinale. Seitdem hat sich Searle fest in der Weltspitze etabliert.
Sein unverkennbarer Stil, seine Bodenständigkeit und sein offener Umgang mit seiner Sehbehinderung machen ihn zu einem der am meisten bewunderten Spieler der PDC. „Natürlich ist es manchmal schwer“, sagt er, „aber es gibt schlimmere Dinge im Leben. Ich werde weiter spielen, die Krankheit bekannter machen und für meine Familie kämpfen.“