Fallon Sherrock bereitet sich auf die Darts-WM vor, die am Donnerstag, dem 11. Dezember, im Alexandra Palace beginnt. The Queen of the Palace verbindet mit diesem Schauplatz besondere Erinnerungen: 2020 sorgte sie dort für eine Sensation, als sie Ted Evetts und Mensur Suljovic besiegte – als erste Frau überhaupt, die ein WM-Spiel gegen einen Mann gewann.
Bevor der Blick endgültig auf die neue Weltmeisterschaft geht, denkt Sherrock jedoch an das Women’s World Matchplay im Sommer zurück. Dort ließ sie im Finale gegen Lisa Ashton ganze elf Matchdarts liegen und verlor knapp mit 5:6. „Ich glaube, ich habe eine Woche gebraucht, bis ich wieder einen Dart geworfen habe“, sagt sie offen. „Nicht aus Wut, sondern weil es mental ohnehin schon schwierig war.“
Sherrock fand schnell heraus, woran es lag: zu wenig Spielpraxis, lange Pausen und ein anstrengendes Jahr. „Mir fehlte einfach der Rhythmus. Am Ende lief alles auf die letzten Doppel hinaus.“ Trotzdem zieht sie ein positives Fazit. „Ich wusste nicht, ob es gut oder schlecht laufen würde. Aber ich habe eigentlich solide gespielt – das hat mir Selbstvertrauen gegeben.“
Zum sechsten Mal im Ally Pally: „Das ist jedes Jahr mein Hauptziel“
Die Women’s Series ist nun beendet, und Sherrock kehrt zum sechsten Mal in Folge zum größten Darts-Turnier der Welt zurück. Ein Erfolg, der für sie alles andere als selbstverständlich ist. „Ally Pally ist das, was ich mir jedes Jahr wirklich wünsche. Es ist schön, dass es wieder geklappt hat.“
Ganz verdrängen kann sie jedoch nicht, dass ihr seit 2019 kein großer TV-Erfolg mehr gelungen ist. „Ich habe seitdem nicht schlecht gespielt. Manchmal braucht man aber einfach Glück, einen Fehler des Gegners oder den perfekten Moment.“
Genau darauf arbeitet sie jetzt hin. „Mit all dem Training, das ich jetzt einplane, hoffe ich, dieses Jahr wieder auf dem Podium zu stehen. Dieses Gefühl ist so besonders.“
Rückhalt durch die Modus Super Series: „Ich habe gespürt, dass mein Spiel noch da ist“
Ihre Rückkehr zur Women’s Super Series war ein wichtiger Schritt. Auch wenn dort keine großen Schlagzeilen entstanden: „Ich fühlte mich stabil. Ein Hunderter-Average, mehrere gute Spiele – da merkt man, dass das eigene Spiel noch da ist.“
Für die WM nimmt sie sich bewusst Zeit. „Ich habe mir den ganzen Monat freigenommen. Ein bisschen Ruhe, keine Verpflichtungen – und dann volle Konzentration auf die Weltmeisterschaft.“
Der Druck auf ihren Namen: „Ich habe gelernt, nicht mehr daran zu denken“
Seit ihrem historischen WM-Auftritt 2020 steht Sherrock im Rampenlicht. Jeder kennt sie, jeder erwartet Großes. Doch die 31-Jährige geht inzwischen anders damit um.
„Es gibt immer Druck, weil die Leute denken: Fallon ist Fallon, die liefert ab. Aber ich habe gelernt, das loszulassen. Wenn ich gewinne, ist das toll. Wenn ich verliere, habe ich trotzdem Fans, die mich unterstützen.“
Vergangenes Jahr verpasste sie das mögliche Zweitrundenmatch gegen Luke Littler, nachdem sie Ryan Meikle unterlag. „Alle redeten darüber, aber Ryan ist ein großartiger Spieler. Natürlich war ich enttäuscht, aber man kann seinen Gegner nicht besiegen.“
Fünf Frauen bei der WM: „Das sind die besten Spielerinnen, die wir haben“
Bei der diesjährigen Weltmeisterschaft stehen fünf Frauen im Teilnehmerfeld – so viele wie nie zuvor. Für Sherrock ein großer Fortschritt. „Das sind wahrscheinlich die fünf besten Frauen, die wir aktuell haben. Genau das braucht der Sport: mehr TV-Möglichkeiten, mehr Sichtbarkeit.“
Der Frauendartsport wächst, da ist sie sicher. „Seit 2020 hat sich alles verändert: Women’s Matchplay, Women’s Series… Das liegt an den Chancen. Je mehr davon es gibt, desto stärker wird das Feld.“
Unter dem Radar: „Beau Greaves soll die Aufmerksamkeit bekommen“
Beau Greaves steht derzeit im Mittelpunkt des Frauendarts – ein Umstand, der Sherrock eher erleichtert. Der Shootingstar hat sich jüngst eine Tour Card gesichert und gilt als Hoffnungsträgerin.
„Ich wollte nie der Star des Frauendarts sein. Ich bleibe lieber unter dem Radar. Lass Beau die Aufmerksamkeit bekommen – das nimmt Druck von mir.“
Sherrock selbst hat längst Historisches erreicht: WM-Sensationen, TV-Erfolge und ein Viertelfinale beim Grand Slam, wo sie Peter Wright beinahe eliminiert hätte.
Dennoch denkt sie selten an diese Erfolge zurück. „Ich schaue nie zurück. Ich bin immer im nächsten Jahr. Vielleicht sollte ich das aber tun – es würde mir zeigen, dass ich es erneut schaffen kann.“
Darts und Mutterschaft: ein permanenter Balanceakt
Als Mutter ihres Sohnes Rory jongliert sie Tourleben, Training und Medien. „Es ist nicht leicht. In der Schule reden alle über seine Mutter, und das nervt ihn manchmal“, erzählt sie lachend. „Aber ich bin stolz darauf, dass er versteht, was ich tue.“
2026 findet die Q-School in Milton Keynes statt – zehn Minuten von ihrem Zuhause entfernt. Sherrock ist dank Women’s Series startberechtigt. Ob sie antreten wird? „Ja, ich werde hingehen. Aber ohne Erwartungen. Ich weiß nicht einmal, was ich nächstes Jahr genau möchte. Ich probiere es einfach aus.“
Auch die Challenge Tour behält sie im Blick. „Es würde mir helfen, aber meine Gesundheit muss stimmen. Dieses Jahr fühlte ich mich nicht gut genug, und dann ergibt es keinen Sinn.“
Zweifel an ihrer Zukunft hat sie jedoch keine. „Mit all meiner Erfahrung glaube ich, dass ich besser werden kann als die Fallon, die 2020 Geschichte geschrieben hat.“