Nicht einmal zwölf Monate nach seinem
Darts WM-Debüt im legendären Ally Pally reist
Niko Springer im Dezember als einer der größten deutschen Hoffnungsträger nach London. In einer von der
PDC Europe organisierten Presserunde stellte sich der „Meenzer Bub“ heute den Fragen von Dartsnews.de und weiteren Medienvertretern. Springer blickte auf seine Debütsaison als PDC-Profi zurück, sprach über seine WM-Ziele und formulierte eine spannende Kampfansage.
„Generell gehe ich mit einem positiven Gefühl in meine zweite Weltmeisterschaft“, blickt der 25-Jährige voraus. „Der Auftritt im letzten Jahr war schon unfassbar toll, die Atmosphäre atemberaubend. Diesmal kenne ich auch die Abläufe schon ein bisschen und kann mich darauf einstellen. Beim ersten Mal war alles komplett neu.“
„Das hätte ich sofort unterschrieben“
Neu ist ein gutes Stichwort, wenn man auf Springers Saison zurückblickt. Nach der
Darts WM 2025 startete der gebürtige Mainzer in seine Debütsaison als Tour-Card-Holder. In seiner ersten Profi-Saison spielte sich Springer unter die besten 64 der Players Championship Order of Merit, qualifizierte sich für Major-Turniere wie den World Grand Prix und Grand Slam of Darts und
gewann Ende September in Budapest seinen ersten European Tour-Titel auf einer großen PDC-Bühne. „Hätte mir jemand vor der Saison gesagt, dass ich virtuell nach der Weltmeisterschaft innerhalb der Top-50 stehe, hätte ich das sofort unterschrieben“, blickt Springer auf seine Debütsaison zurück.
Bei der Hungarian Darts Trophy 2025 krönte sich Niko Springer zum vierten deutschen European-Tour-Champion der PDC-Geschichte
Vor allem auf der
European Tour gehörte Springer in der Saison 2025 zu den Stammgästen – und das als Tour-Card-Rookie. Kein anderer Spieler der PDC Pro Tour
qualifizierte sich häufiger über die Tour Card Holder Qualifier für Turniere der European Tour. „Nicht nur einmal im Finale gewesen zu sein, sondern auch noch einen European Tour-Titel zu gewinnen, hätte ich nicht erwartet. Das hat mir viele Türen geöffnet für Majors wie den Grand Prix oder Grand Slam. All das schon im ersten Jahr erreicht und die WM-Teilnahme so früh gesichert zu haben, war natürlich richtig gut. Aber: Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich selbstkritisch bin und versuche an meinen Schwächen zu arbeiten“, zeigt sich Springer ehrlich.
Unter anderem möchte der Deutsche an seiner Scoring-Ausbeute arbeiten: „In der ersten Hälfte des Jahres hatte ich dieses Power Scoring, das dann einfach verloren ging. Auf der anderen Seite wurden mein Timing und meine Doppel immer besser, die zu Beginn eher das Problem waren. Ich kann es nicht so wirklich erklären, wie das genau passiert ist. Ich bin aber relativ entspannt und bin mir sicher, dass das alles wiederkommt. Und wenn beides zusammen funktioniert, dann wird man mich so sehen, wie ich noch nie gespielt habe.“
„Ich freue mich total“
„Ich denke immer von Spiel zu Spiel, also einfach gut spielen und im besten Fall diesmal auch gewinnen“, antwortet Springer auf die Frage nach seiner Zielsetzung für die Weltmeisterschaft. „Wenn man sich die Majors anschaut, habe ich mich eigentlich immer gut verkauft, bin abgesehen vom Grand Slam aber jeweils in der ersten Runde rausgeflogen. Jetzt wird es also Zeit, die Auftakthürde zu überstehen“, so der „Meenzer Bub“ weiter.
Um erstmals einen Sieg im Ally Pally zu feiern, baut Springer auf die Erfahrungen von seinem letztjährigen WM-Debüt. Der 25-Jährige erklärt, dass er seine „holprige“ Anreise aufgrund des Londoner Verkehrs aus dem Vorjahr nicht wiederholen möchte, um sich hinter der Bühne mehr Zeit für die Spielvorbereitung und Medienarbeit freizuschaufeln. Auch die besondere Ally-Pally-Atmosphäre wird ihn in diesem Jahr nicht mehr überraschen: „Es war unfassbar laut. Man hört es zwar immer, aber wenn man dann selbst auf dieser Bühne steht, realisiert man es erst so richtig. Ich weiß auf jeden Fall, was da auf mich zukommt und freue mich total.“
WM-Vorbereitung und Auswärtsfahrten mit Mainz 05
Trotz der Vorfreude gilt für Springer: Ein Schritt nach dem anderen. Am kommenden Wochenende feiert der Deutsche zunächst sein Debüt bei den Players Championship Finals. Im Anschluss wird sich im Hause Springer alles um die optimale WM-Vorbereitung drehen. „Ich habe mir in diesem Jahr vorgenommen, den Cut etwas früher zu setzen und mich aufs Wesentliche zu konzentrieren – gleichzeitig aber auch ein wenig abzuschalten. Deswegen bin ich beispielsweise bei meinem Lieblingsverein (Mainz 05, Anm. d. Red.) auswärts in der Conference League in Rumänien dabei oder gehe auf ein Konzert mit meiner Freundin, also mal komplett weg vom Darts. Danach liegt der Fokus dann wirklich nur noch auf der WM und dem Training, das sich hier bei mir im Trainingsraum abspielen wird.“
Neben dem klassischen Training am Practice Board hat Springer ein Auge für analytische Dinge: „Während des Trainings lasse ich gerne für zwei oder drei Stunden die Kamera laufen, um mein Wurfverhalten zu filmen und anschließend zu analysieren.“ Auch der mentale Aspekt des Sports kommt in Springers Spiel nicht zu kurz. Der „Meenzer Bub“ erklärt, dass er im Spiel auf eine bestimmte Atemtechnik zurückgreift. „Ich habe früher mit einem Mentaltrainer zusammengearbeitet und ein paar mentale Kniffe ausgearbeitet. Wer sich meine drei Darts anschaut, bemerkt einen Unterschied bei einem der drei Pfeile.“
Im Gegensatz zu den Vorjahren kann sich Springer in der heißen Saisonphase diesmal voll und ganz auf das Geschehen am Oche konzentrieren. Seit August lässt der Justizverwaltungsangestellte seinen Beruf ruhen und richtet den Fokus komplett auf den Dartsport. Doch wie geht Springer mit dem zusätzlichen Druck um, seine Brötchen am Dartboard verdienen zu müssen? „Ich versuche das eigentlich relativ gut auszublenden. Ich bin froh, dass ich ein perfektes Management hinter mir habe, das Sponsoren
an Land geholt hat, die mir Sicherheit geben, wenn es nicht läuft“, erklärt Springer. Auch seine Herangehensweise am Oche hat sich als Vollprofi verändert: „Ich mache deutlich mehr, weil es nun mal mein Beruf ist. Und so gehe ich das auch bei den Turnieren an. Ich versuche gut zu arbeiten. Wenn ich das mache, dann kommt der Rest von allein.“
WM-Public-Viewing bei Familie Springer
„Gut arbeiten“ möchte Springer auch bei der kommenden Darts WM. Wer ihm dort am Oche gegenüberstehen wird, entscheidet sich am 24. November, wenn die Auslosung der Weltmeisterschaft stattfindet. „Ich schaue mir die Auslosung schon an, weil es mich einfach interessiert, denke aber dennoch von Spiel zu Spiel. Für mich wird es auch das erste Mal sein, dass ich bei der WM gesetzt bin und ich bin einfach gespannt, wie das dann im Turnierbaum aussehen wird“, sagt Springer.
Aufgrund der Erweiterung des WM-Teilnehmerfelds auf 128 Spieler werden sich die ersten beiden Runden über vier zusätzliche Tage erstrecken. Sollte er sein Auftaktmatch für sich entscheiden, wird Springer nicht das gesamte Turnier in London verbringen: „Wahrscheinlich werde ich noch mal heimfliegen, ein bisschen Kräfte sammeln und etwas mit Freunden und Familie unternehmen. Dann geht es wieder frisch und gestärkt zurück nach England.“ Auch was seine Begleitpersonen angeht hat der 25-Jährige schon einen Plan geschmiedet: „Dieses Jahr wird es ein bisschen anders sein. Meine Eltern und mein Bruder werden nicht mit in den Ally Pally kommen. Wir werden hier bei mir im Ort ein großes Public Viewing veranstalten und da werden sie sich das Ganze anschauen.“
Beim Grand Slam of Darts war Springer erstmals allein zu einem großen PDC-Event gereist. Vor Ort teilte er sich eine Unterkunft mit Tour-Kollege Lukas Wenig. „Da war ich schon froh, dass ich mit Luu und Saskia noch ein paar schöne Stunden verbringen konnte. Wir haben gemeinsam sehr auf eine gesunde Ernährung geachtet und viel zusammen gekocht“, sagt der leidenschaftliche Hobby-Koch Springer, der von Rezepten mit Kürbis, Hühnchen und Thunfisch schwärmt.
„Sie könnten der Bruder von diesem Dartspieler sein“
Niko Springer und Lukas Wenig liefen in Wolverhampton jedoch nicht nur am Herd zur Höchstform auf, sondern auch am Oche.
Beim Grand Slam standen sich die beiden Landsmänner im Achtelfinale gegenüber und sorgten somit für den zweiten deutschen Viertelfinalisten der Turniergeschichte. Können sich die deutschen Fans bei der WM auf ähnlich positive Schlagzeilen freuen? „Der Trend zeigt auf jeden Fall nach oben, wir hatten noch nie so viele Spieler auf der Tour. Deswegen würde ich schon sagen, dass man den Deutschen einiges zutrauen kann. Die WM ist das größte Turnier, jeder wird sich gut vorbereiten und will natürlich weit kommen“, zeigt sich Springer optimistisch.
Auch Springer selbst, der inzwischen als eines der vielversprechendsten Talente des Sports gehandelt wird, wird im Ally Pally die enorme Erwartungshaltung der deutschen Fans schultern müssen: „Ich versuche das eigentlich komplett auszublenden. Es ist in erster Linie natürlich schön, so etwas zu hören. Aber ich weiß genau, wie das Ganze abläuft. Wenn es spielerisch mal nicht so gut läuft, dann geht das auch ganz schnell in die andere Richtung. Deswegen versuche ich mir nicht viel darauf einzubilden, sondern mich aufs Wesentliche zu konzentrieren und am Board zu performen.“
Die Erwartungshaltung und gestiegene Bekanntheit unter den Fans bringt jedoch auch schöne Momente mit sich: „Im privaten Leben werde ich beispielsweise beim Einkaufen deutlich öfter angesprochen, was sich immer noch ein bisschen komisch, aber natürlich auch schön anfühlt“, sagt Springer und teilt eine lustige Anekdote: „Nach dem Grand Slam wurde ich im Supermarkt angesprochen: ‚Sie könnten der Bruder von diesem Dartspieler sein‘. Dann habe ich gesagt, dass ich der Dartspieler bin und habe mich eine halbe Stunde mit dem älteren Mann unterhalten. Es war eine lustige Situation, aber ich muss mich noch ein bisschen daran gewöhnen“, schmunzelte Springer.